Der Bodyguard im Rampenlicht

von Redaktion

Denz ist Boras Erlösung, dabei ist er eigentlich kein Sieg-Fahrer

Weiterhin in pink: Isaac del Toro. © Ferrari/LaPresse

Der Sieger mit dem Schampus: Nico Denz. © Alpozzi/DPA

München – Nico Denz reckte die schwere Schampusflasche in die Höhe und prostete seinen Teamkollegen zu. „Das ist für uns“, sagte der deutsche Radprofi nach seinem für alle Beteiligten erlösenden Etappensieg beim Giro d‘Italia: „Wir haben nie aufgegeben.“ Es wurde gelacht, gejubelt und gefeiert. Alle in Denz‘ deutschem Top-Team Red Bull-Bora-hansgrohe atmeten nach zahlreichen Rückschlägen auf.

Auf der 18. Etappe nach Cesano Maderno hatte Denz am Donnerstag zugeschlagen, als Solist siegte der 31-Jährige aus einer Fluchtgruppe heraus. Geplant war das nicht, als Denz vor drei Wochen die Italien-Rundfahrt beim Startschuss in Albanien in Angriff nahm.

Denz ist ein Arbeiter auf dem Rad, ein Bodyguard für seine Kapitäne, einer für die Drecksarbeit. Ein klassischer Siegfahrer ist er nicht. „Ich stehe ab und zu vor dem Spiegel und sehe dann, dass ich die Bergankünfte nicht mitgestalten kann“, sagte Denz 1,83 m groß und 71 kg schwer – einmal über sein Rollenbild.

Deshalb verlagern sich seine Aufgaben eher auf die Abschnitte vor den Bergen. „Es geht darum, dass die Topfahrer in die Schlüsselstellen relativ weit vorn reinfahren. Ich mag das total. Wenn man mit einer Mission und einem klaren Ziel in ein Radrennen geht, dann gibt mir das eine unglaubliche Motivation“, sagte Denz.

Beim Giro hieß der Schlüsselfahrer von Red Bull-Bora-hansgrohe Primoz Roglic. Der Slowene galt als Top-Favorit auf den Gewinn des Rosa Trikots. Denz sollte Roglic mit seiner Tempohärte und seinem taktischen Gespür im Flachen schützen. Gegen Roglics anhaltendes Sturzpech war der Deutsche aber machtlos. Roglic stieg am Dienstag entkräftet und zermürbt vom Rad alle Hoffnungen auf einen Triumph in Rom hatten sich zerschlagen.

Für das Team, aber auch Denz war das ein herber Schlag. „Wenn man einen Anführer wie Primoz verliert, verliert man auch einen Traum“, sagte Denz und wurde emotional: „Wir waren zwei Monate lang im Höhentrainingslager, ich bin drei Monate von zu Hause weg, habe meine Frau und meine Kinder nicht gesehen. Ich hatte das Gefühl, dass all die harte Arbeit umsonst war. Zum Glück haben wir das Blatt gewendet.“

Die ungewollte, aber neu gewonnene Freiheit nutzte Denz zu seinem insgesamt dritten Giro-Tageserfolg der Karriere. Für das Team war es der 300. Sieg seit Gründung vor 15 Jahren. Gründe zum Anstoßen gab es also genug. Dank Denz, dem Bodyguard, der Red Bull-Bora-hansgrohe mit seinem Erfolg im Alleingang den Giro rettete und sich so schützend vor ein ganzes Team stellte.

Den Tagessieg am Freitag sicherte sich nach 166 km und fünf gewerteten Anstiegen – darunter drei der 1. Kategorie – der Franzose Nicolas Prodhomme als Solist. Der mexikanische Radprofi Isaac del Toro ist dem Gesamtsieg einen großen Schritt nähergekommen. Das 21 Jahre alte Toptalent zeigte auf der schweren 19. Etappe keine Schwächen und verteidigte das Rosa Trikot erfolgreich. Prodhomme hatte im Ziel 58 Sekunden Vorsprung auf del Toro und dessen schärfsten Widersacher Richard Carapaz.
SID

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