Böse oder geläutert? Bill Peters.. © IMAGO
München – Die Augsburger Panther gaben bekannt: Sie haben einen neuen Coach. Für einen Club, der die abgelaufene Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) als Tabellenvorletzter abschloss, ist es ein großer Name: Bill Peters. Er hatte Chefstellen in der NHL, bei den Calgary Flames und den Carolina Hurricanes. Er war der Trainer der kanadischen Nationalmannschaft bei der WM 2016 und dem World Cup of Hockey im gleichen Jahr – er gewann beide Turniere. Die Ehrfurcht der Augsburger drückt sich in dieser Formulierung ihrer Pressemitteilung aus: „Den Zuschlag des 60-jährigen Kanadiers bekamen jetzt die Panther.“
Doch nach der Würdigung der Erfolge von Bill Peters kommen die Augsburger Panther offen auf die Problematik ihrer Verpflichtung zu sprechen. Im Blick habe man sehr wohl „die lückenlose Aufarbeitung eines Vorfalls aus dem Jahr 2009, der erst zehn Jahre später an die Öffentlichkeit gelangte“. 2019 offenbarte der Eishockeyspieler Akim Aliu, geboren in Nigeria, aufgewachsen in der Ukraine und in Toronto, dass im Jahr 2009 bei den Rockford Ice Hogs, einem Farmteam in der American Hockey League, Peters ihn rassistisch beleidigt habe. Auch weitere frühere Spieler meldeten sich. Sean McMorrow nannte Peters „den schlechtesten Menschen, der mich je gecoacht hat“, Michal Jordan berichtete von Tritten und dass Kollegen auf den Kopf geschlagen worden wären von ihrem damaligen Trainer.
Bill Peters trat nach Aufkommen der Vorwürfe vor fünfeinhalb Jahren als Coach der Calgary Flames zurück. Seitdem ist er mit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit beschäftigt. Er begab sich in ein einjähriges Programm der kanadischen Beratungsstelle „Shades of Humanity“ zu Diversität und Inklusion. Nun muss er zeigen, dass er geläutert ist.
Peters ist gar nicht mal der prominenteste Fall, dass bei einem Eishockeytrainer eine dunkle Seite der Persönlichkeit publik und die Karriere geknickt wird. Joel Quenneville (66) ist ein Coach mit Erfolgsgarantie, er hat die zweitmeisten Siege in der besten Liga der Welt. In acht Jahren bei den Chicago Black Hawks gewann sein Team dreimal den Stanley Cup. Danach arbeitete er für die Florida Panthers – wo ihn 2021 ein Missbrauchsfall aus der Zeit in Chicago einholte. Nicht von Quenneville begangen, das muss man klarstellen – aber er wurde 2010 informiert, dass sein Videocoach zwei Spieler, die zum erweiterten Kader gehörten, sexuell belästigt und missbraucht hatte. Quenneville entschloss sich mit General Manager Stan Bowman, den Vorfall intern zu halten, denn man wollte den Erfolg in den Playoffs nicht gefährden. Der Videocoach wurde danach zwar entlassen – aber es war wie bei Fällen in der katholischen Kirche: Er konnte an anderer Stelle sein Unwesen treiben. Quenneville und Bowman wurden 2021 von der NHL für zweieinhalb Jahre gesperrt. Bowman ist seit einem Jahr wieder im Geschäft, er managt die Edmonton Oilers. Auch für Quenneville fand sich eine neue Aufgabe: Er unterschrieb bei den Anaheim Ducks.
Bei seiner Präsentation kam er auf den ihn begleitenden Skandal von sich aus zu sprechen. „Ich bin für meine Fehler verantwortlich“, sagte er. „Ich hatte vier Jahre Zeit, zu reflektieren, mit Experten und Anwälten zu sprechen, mich zu den Themen Trauma aus Missbrauch zu bilden und zu lernen, wie man besser führt.“
Gelingt gereiften Persönlichkeiten der Wandel – oder ist die Einsicht nur gespielt? Es wird in Anaheim und auch in Augsburg zu sehen sein, wo Bill Peters verspricht: „Ich werde für alle ein sicheres Umfeld schaffen.“ Die Panther erhielten für die Verpflichtung von Bill Peters Kritik, aber auch Anerkennung wegen des offenen Umgangs mit den Hintergründen. Die DEL indes ließ diese Sensibilität vermissen. Sie veröffentlichte auf ihrer Website nur den unverfänglichen Teil der Panther-Mitteilung mit Peters‘ sportlicher Reputation. Der Rassismus-Skandal blieb unerwähnt.
GÜNTER KLEIN