CR7 jubelnd – so war es oft auf Vereinsebene, unter anderem auch gegen den FC Bayern. © Imago
CR7 frustriert – häufig gegen die DFB-Auswahl. © Imago
München – Ein Kriminalfall – Delikte: Einbruch, Diebstahl –, noch immer ungeklärt, ein „Cold Case“: Wer klaute 2012 in München zwei Paar Fußballschuhe von Cristiano Ronaldo? Der portugiesische Superstar spielte mit Real Madrid in der Allianz Arena, es war das erste Halbfinale in der Champions League. Vor der Partie verschaffte sich jemand Zugang zur Kabine der prominenten Gäste, zum Raubgut gehörten Utensilien von CR7.
Wenigstens hatte er noch ein paar Ersatztreter dabei, mit denen er die Vorlage auf Mesut Özil zum zwischenzeitlichen 1:1 spielte. Doch Real verlor 1:2, im Rückspiel erzielte Ronaldo zwei schnelle Tore, doch im Elfmeterschießen wurde er zur tragischen Figur. Er verschoss. Real schied aus, auch weil auf der Gegenseite Bastian Schweinsteiger traf. Der Münchner gewann einige direkte Duelle.
Die allgemeine Wahrnehmung ist, dass Cristiano Ronaldo, der in Deutschland wegen seiner Gockelei immer veralbert wurde, keine gute Bilanz hat gegen den deutschen Fußball. Der Eindruck resultiert vor allem aus den Länderspielen. Die fünf, die in seine Zeit fielen, verlor Portugal – und jedes Mal war es ernüchternd für die Nation. Es begann 2006 mit dem Spiel um WM-Platz drei in Stuttgart. Ronaldo war noch kein CR7, weil er die Rückennummer 17 trug. Star beim deutschen 3:1-Sieg war Schweinsteiger mit zwei Fernschuss-Toren. 2008 bei der EM kam es zur Viertelfinalbegegnung in Basel. Beim DFB war Cheftrainer Jogi Löw gesperrt, er verfolgte aus einem VIP-Raum im Baseler St.-Jakobs-Park rauchend, wie seine Elf die favorisierten Portugiesen mit einer schnellen 2:0-Führung (erstes Tor: Schweinsteiger) ausstach (Endstand: 3:2).
Bei der EM 2012 in Lwiw gab es ein solides 1:0 (Tor: Mario Gomez), zum Auftakt der WM 2014 ein 4:0 mit drei Thomas-Müller-Toren und einer Roten Karte für dessen Gegenspieler Pepe. Ronaldo? Fiel nicht auf. Das hatte der mittlerweile fürs chinesische Fernsehen arbeitende Ex-Nationalspieler Arne Friedrich vorhergesagt: „Jerome macht Cristiano weg.“ Boateng beherrschte Ronaldo. Erst bei der EM 2021 in München erzielte Ronaldo sein erstes Tor gegen Deutschland, doch mit zwei Eigentoren versauten ihm die Kollegen den Tag, es setzte eine 2:4-Niederlage.
Besser ist Ronaldos Bilanz in den Clubspielen. Mit Manchester United gewann er 2003 (als er noch unbekannt war) 2:1 gegen den VfB Stuttgart in der Gruppenphase der Champions League. In der Saison 2013/14 mit Real Madrid wurde er zum Deutschen-Fresser. Im Achtelfinale schoss er vier Tore gegen Schalke (6:1, 3:1), eines in den Viertelfinals gegen Dortmund (3:0, 0:1), im Halbfinale triumphierte er gegen die Bayern, vor allem beim 4:0 gewonnenen Rückspiel mit einem Konter- und einem Freistoßtor. 2015 wurde im Achtelfinale Schalke eliminiert, 2016 im Viertelfinale der VfL Wolfsburg, beim 3:0 im Rückspiel (zuvor 0:2) war CR7 der Retter.
Dass für den FC Bayern Real Madrid zum Schrecken wurde, lag ab 2014 vor allem an Ronaldo. Fünf der sechs Real-Tore im Viertelfinale 2017 (2:1, 4:3 n.V.) gingen auf ihn, auch im Jahr darauf setzte sich Real, wenngleich ohne CR7-Treffer, dramatisch durch. In der Vorrunde traf Real in beiden Jahren auf Dortmund. 2013 war man dem BVB im Halbfinale noch unterlegen, damals war Robert Lewandowski mit vier BVB-Treffern im Hinspiel die leuchtende Figur. 2019 trafen CR7 und Real in der Vorrunde der Champions League noch auf Leverkusen. Mit je einem Tor war er an 2:0- und 3:0-Sieg beteiligt. Seine letzten Club-Treffen mit Bundesligisten.
Einem alten Widersacher wird Ronaldo an diesem Mittwoch in München begegnen. Im deutschen Tor wird Marc-Andre ter Stegen stehen, der Barcelona-Keeper, der ihm bei Duellen auf Vereinsebene regelmäßig den Nerv geraubt hat. Ter Stegen relativiert aber: „Er hat auch keine schlechte Bilanz gegen mich. Ich hoffe, dass sie nicht ausgebaut wird.“ Der Keeper verfolgt die Karriere des Ausnahmestürmers weiterhin interessiert: „Auch wenn er in Saudi-Arabien spielt, verliert man ihn nicht aus den Augen. Und mit seiner Physis ist er immer noch ein Vorbild für viele.“
GÜNTER KLEIN