Roberto Martinez. © IMAGO/David Martins
München – Es gibt ein schönes Bild, dass sich Fans der portugiesischen Nationalmannschaft dieser Tage sehr genüsslich angeschaut haben: Ein Ausschnitt beim Abspielen der Nationalhymne mit João Neves, Vitinha und Nuno Mendes Arm in Arm. Jene drei Nationalspieler, die bei der Machtdemonstration von München beim Champions-League-Sieger Paris St. Germain nicht nur in der Startformation standen; sie waren in der Königsklasse saisonübergreifend die Besten. Der über eine Pferdelunge verfügende Neves, 20, lief in diesem Wettbewerb die meisten Kilometer. Der oft einen Spielzug voraus denkende Vitinha, 25, spielte die meisten Pässe. Und der mit einer Bärenruhe verteidigende Mendes, 22, setzte die meisten Grätschen an. Drei Mal Primus aus Portugal. Und mit dem eingewechselten Stürmer Gonçalo Ramos, 23, kam gleich noch ein vierter Portugiese für PSG zum Einsatz.
Protagonisten, die an die Arena in Fröttmaning beste Erinnerungen haben, wenn sich im ersten Nations-League-Halbfinale Deutschland und Portugal (Mittwoch 21 Uhr/ZDF und DAZN) duellieren. Dieses Nationalteam vereint zu viel internationale Klasse, um vom DFB-Team so zu überfahren werden wie im zweiten EM-Gruppenspiel 2021. Lieblingsgegner war möglicherweise gestern.
Der portugiesische Einfluss in Paris hat natürlich damit zu tun, dass Lus Campos seit drei Jahren die Kaderplanung betreibt. Der 60 Jahre alte Portugiese gilt als einer der am meisten unterschätzten Sportdirektoren in Europa und soll bereits daran werkeln, das neue portugiesische Wunderkind Rodrigo Mora, 17, an die Seine zu lotsen. Sie alle profitieren von der exzellenten Ausbildung bei Sporting und Benfica Lissabon oder dem FC Porto. Deren Toptalente ziehen bei entsprechender Entschädigung früh zu größeren Klubs weiter, was der Seleção nicht schadet. Traditionell bündelt sich hier viel fußballerisches Talent.
Und noch immer spaziert im roten Dress ein Cristiano Ronaldo wie ein eitler Pfau über den Rasen, wenn die Kollegen die Arbeit gegen den Ball ohne den Superstar verrichten. Die (noch) für Al-Nassr in Saudi-Arabien kickende Ikone ist einerseits Relikt einer anderen Epoche, andererseits erzielt der 40-Jährige immer noch wichtige Treffer. Trotz seiner 136 Tore in 219 Länderspielen wäre es Zeit, andere strahlen zu lassen. Aber den Glanz der Giga-WM 2026 will CR7 natürlich mitnehmen.
Trainer Roberto Martinez beantwortet die wiederkehrenden Fragen geduldig. „Wenn Cristiano Ronaldo trifft, ist er der wichtigste Spieler im Team. Wenn er nicht trifft, liegt es an seinem Alter. Das ist keine faire Einschätzung.“ Sein Urvertrauen in den Altstar kann der Nationalcoach statistisch unterfüttern: In 20 von 28 Länderspielen unter seiner Regie siegten die Portugiesen.