VOR DER CLUB-WM

„Das Konto war schon voller“

von Redaktion

Bayern-Finanzchef Diederich im Interview

„Manchmal gibt es eine rote Linie:“ Finanzchef Diederich über den Poker mit Sané.

Kein Micky-Maus-Turnier: Thomas Müller will bei seiner letzten Mission mit dem FC Bayern sportlich was reißen. © dpa / Insta

Laptop und Lederhose: Bei der Club-WM trägt der FCB auch bayerische Kultur in die USA. Hier: Sportchef Max Eberl, Finanzvorstand Michael Diederich (M.), Präsident Herbert Hainer. © IMAGO

Orlando – Eine Milliarde Dollar schüttet die FIFA insgesamt an Prämien bei der Club-WM in den USA aus. Selbst ein langjähriger Top-Banker wie Bayern-Finanzvorstand Michael Diederich muss bei solch einer Summe schlucken. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des FCB über die Chancen, die das Turnier in den Staaten bietet, Vertragsverhandlungen mit Leroy Sané und das berühmte Festgeldkonto.

Herr Diederich, für wie viele Tage haben Sie gepackt?

Um ehrlich zu sein: Ich habe zwei, drei Reisetaschen bereitgestellt, weil ich zwischendurch zurückkomme, um ein paar Themen vor Ort zu erledigen. Also musste ich durchdacht vorgehen (lächelt).

Sie sagten vor der letzten Audi Summer Tour: „Ich liebe diese intensive Zeit, dieses 24-Stunden-Beinandersein.“ Wird es heuer so intensiv wie nie zuvor?

Es wird intensiv auf allen Ebenen. Was die Logistik angeht, was das Miteinander angeht. Wir freuen uns alle auf die gemeinsame Zeit. Wenn man 24 Stunden zusammen ist, beim Frühstück wie beim Abendessen – das ist besonders.

Trotzdem wird stets betont: „Die Club-WM ist kein Urlaub.“ Steht die stressigste Zeit der Saison an?

Von Urlaub kann da wirklich keine Rede sein. Wir wollen der erste Club-Weltmeister im neuen Format werden. Damit schreibt man Geschichte! Bei dieser Club-WM können weltweit Ausrufezeichen gesetzt werden, und wir als FC Bayern denken da nicht in Reisestrapazen, sondern in Titeln.

Reisen Sie, als Herr der Zahlen, mit „Dollar-Zeichen in den Augen“ über den großen Teich?

Der sportliche Erfolg steht absolut im Vordergrund, aber es ist kein Geheimnis, dass der monetäre Aspekt für alle nicht uninteressant ist. Die Clubs bekommen insgesamt eine unfassbar gute Plattform, um sich in einem der größten Märkte präsentieren zu können. Als ich vor einigen Wochen in den USA war, war bereits die erste Begeisterung zu spüren. Man sollte sie nutzen.

Was haben Sie gedacht, als Sie das erste Mal vom Preisgeld – einer Milliarde Euro – gehört haben?

Der Betrag hört sich toll an – aber ich kann diese Milliarde schon einordnen, denn da werden zum einen noch Ausgaben abgezogen, zum anderen wird der Kuchen durch 32 Clubs geteilt: Man muss also weit kommen, um ein großes Stück zu erhalten. Trotzdem zeigt die Summe, wie viel die FIFA bewegt, um aus diesem Turnier einen Erfolg zu machen. Wir werden auf dem Weg zum anvisierten Titel von Spiel zu Spiel vorgehen, und je näher wir unserem großen Ziel kommen, desto mehr Preisgeld ist logischerweise im Spiel.

Wie viel Geld schlummert neben dem Rasen im US-Markt?

Der US-Markt ist der größte Sportmarkt überhaupt – aber er weist viele Besonderheiten und eine hohe Dynamik auf. Vor allem ist es kein einheitlicher Markt, sondern besteht aus 52 einzelnen Märkten. Aber er bietet uns – was Kaufkraft, Emotionalität und Sportbegeisterung betrifft – eine unglaublich große Chance. Die Club-WM ist eine globale Bühne: Zeig der Welt, wer du bist!

Uli Hoeneß hat den Markt ja bereits in den 80er-Jahren entdeckt. Hatte er auch da den richtigen Riecher?

Er hat schon immer über den Tellerrand hinausgeschaut, ohne die lokalen Wurzeln zu verlieren. Er war der Vorreiter – beim FC Bayern, aber auch für den deutschen Fußball, der sich immer noch immer mehr international zeigen muss. Das ist mehr denn je ein bedeutsames Thema.

Wo steht der FC Bayern im Vergleich zu den „Großen“ – wie Real und ManCity – in den USA?

Wir haben inzwischen 92 Fanclubs mit 6562 Fanclub-Mitgliedern in den USA – solche Zahlen können die anderen 32 Teilnehmer nicht vorweisen. Wie groß die Begeisterung für den FC Bayern ist, haben wir auch gesehen, als wir das Anmeldetool für unser Paulaner-Fan-Event im Fritz & Franz Bierhaus in Miami mit unseren Legenden Giovane Elber und Claudio Pizarro für 200 Personen bereits nach zwei Tagen schließen mussten, da die Kapazitätsgrenze erreicht wurde. Man kann schon jetzt sagen: Der FC Bayern kommt an!

Wie groß ist der Vorteil durch das US-Büro – auch im Vergleich zur Konkurrenz?

Über zehn Jahre Standzeit in diesem Markt zahlen sich aus. Natürlich gibt es immer auch Höhen und Tiefen, aber wir haben Kontakte aufgebaut, Netzwerke geknüpft und kennen die Fankultur in den Staaten, um bestens darauf einzugehen: Zum Beispiel werden unsere Champions-League-Spiele bei Watch-Partys übertragen. Diese Konstanz vor Ort kommt uns jetzt sehr zugute.

Wie groß ist die Gefahr, auch Fußball zum „Show“-Sport zu machen – siehe Super Bowl?

Ich bin grundsätzlich Optimist, also sage ich: Es ist keine Gefahr, sondern eine Chance. Das konnte man auch sehen, als die NFL in München zu Gast war. Das war etwas anderes – und trotzdem gab es ein paar interessante Aspekte, die man aufgreifen kann. In den USA ist Sport kommerzieller, es geht mehr um Vermarktung.

Reine Show-„Typen“ aber will der FC Bayern nicht. Im Fall von Leroy Sané sagte man: „Bis hierher und nicht weiter“…

Manchmal gibt es eine rote Linie. In dem Fall haben wir ein Angebot gemacht, und hin und wieder ist es wichtig, klarzumachen, wo genau die Leitplanken stehen.

Täuscht der Eindruck – oder geht es mehr denn je ums Geld beim FC Bayern?

Es geht in der Berichterstattung um jedes Detail, daher auch viel ums Geld. Aber ich weiß, wie es um unser Festgeldkonto steht – und ich versichere: Auch wenn es schon mal voller war, können wir gut schlafen. Als Club sind wir gesund, weil wir immer die Balance gehalten haben. Mir ist nicht bange. Ganz im Gegenteil.

Wenn das aus Ihrem Mund kommt, können ja alle beruhigt schlafen.

Trotzdem darf man keine falschen Entscheidungen treffen, weil man sich in einer Komfortzone wähnt. Der Geldspeicher ist nicht endlos, auch beim FC Bayern nicht. Gewisse Rahmenbedingungen müssen beachtet werden, um finanzielle Flexibilität und Unabhängigkeit zu wahren.

Das heißt: 20 Prozent sparen, was den Kader angeht?

Ich kommentiere keine Prozentzahlen, aber beim FC Bayern galt schon immer: Das Ziel muss sein, die sportlichen Ziele mit einer angepassten Gehaltsstruktur zu erreichen.

Ein Auftrag an Max Eberl?

Der Aufsichtsrat hat eine Richtschnur vorgegeben, kein Dogma, um die Struktur für die nächsten Jahre zu sichern. Wir als Vorstände wollen uns daran messen lassen. Denn wir wissen um das bedeutsame Erbe, das wir verantworten dürfen.

INTERVIEW: HANNA RAIF

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