Der Edelfan: Präsident Herbert Hainer. © IMAGO/Fischer
Das Objekt der Begierde: Im Vorjahr siegten die Bayern im Finale gegen Alba Berlin – in der Halle des Erzrivalen. © IMAGO/Tilo Wiedensohler
München – Finaltage in der BBL und es sind die Bayern, die erneut nach dem Titel greifen. Geht es nach Präsident Herbert Hainer, dann soll die große nationale Trophäe unbedingt her. Der Bayern-Chef lässt für die Endspielserie sogar den Auftakt der Club-WM sausen.
Herr Hainer, in den BBL-Finals winkt der vierte Titel für ihre Profis nach den Fußballern und den Fußball-Frauen. Wie wichtig wäre das?
Naja, zunächst einmal wäre es wichtig für die Basketball-Abteilung, weil es eine Bestätigung der Arbeit ist, die hier geleistet wird. Aber für uns als Verein wäre es auch historisch, dreimal Meister in einem Jahr waren wir noch nie.
Ist der Titel für die Betrachtung der Saison maßgeblich?
Eine Saison wird immer auch an Titel gemessen. Wenn wir ihn gewinnen, dann kann man wirklich sagen, dass es eine gute Saison war. Keine außergewöhnliche, aber eine gute. Wir wären Meister und wir haben eine tolle Saison in der Euroleague gespielt. Was man ja auch an den individuellen Auszeichnungen für Nick Weiler-Babb und Carsen Edwards ablesen kann.
Allerdings hatte man mit den Playoffs geliebäugelt, ebenso mit der Verteidigung des BBL-Pokals…
Der Pokal war eine Enttäuschung, aber das passiert einmal in einem Spiel. Die Euroleague hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Insofern sehe ich den neunten Platz schon als einen Erfolg, auch wenn wir die Playoffs knapp verpasst haben. Wir haben außerdem den SAP Garden neu bezogen, die Spiele waren allesamt ausverkauft. Auch der BMW Park war fast immer voll. Und die Spiele waren teilweise spektakulär, die Atmosphäre gigantisch. Ich sehe uns auf dem richtigen Weg, auch sportlich. Wir haben eine tolle Mannschaft, auch wenn leider immer wieder Leistungsträger längere Zeit verletzt waren.
Die Euroleague wird nun aufgestockt, mit Hapoel Tel Aviv und BC Dubai kommen zwei finanzkräftige Clubs in die Liga, die um die besten Spieler werben. Ihr Trainer Gordon Herbert sagte: Für die Spieler ist die Entwicklung gut, für den Verein weniger…
Es wird zumindest nicht einfacher. Aber ich glaube, dass Bayern schon auch viel zu bieten hat – mit dem SAP Garden, mit der Infrastruktur, die wir aufgebaut haben, mit dem Ärzteteam, den Physios. Und auch wie wir die Spieler und ihre Familien hier in München betreuen. Aber man merkt es schon: Es wird auch finanziell aufwändiger. Das ist eine Entwicklung wie im Fußball nach dem Bosman-Urteil. Da sind die Gehälter nach oben gegangen und die meisten Vereine haben Probleme, profitabel zu wirtschaften. Das gelingt uns noch ganz gut, aber es wird schwieriger. Doch ich bin überzeugt davon, dass wir auch zukünftig eine gute Mannschaft hinbekommen.
Die andere Seite ist die Belastung. Schon jetzt erreichen Sie über 80 Spiele, im kommenden Jahr könnten es über 90 werden. Besteht die Gefahr, dass die Szene überdreht?
Die Entwicklung mit 20 Teams ist prinzipiell ok. Ich finde nur, dass der Schritt ein bisschen zu früh kommt. Deshalb haben wir auch gegen die Ausweitung gestimmt. Es wäre besser gewesen, noch ein Jahr zu warten. Dann könnte man die sportliche Entwicklung der Teams, die dazu kommen, beobachten und auch die Spielpläne besser abstimmen. So werden wir jetzt wahrscheinlich zwei Doppelwochen mehr haben. Aber ich hoffe auf eine bessere Abstimmung auch mit der BBL.
In diesem Sommer endet die EM am 14. September. Eine Woche später wartet wohl das erste Euroleague-Spiel. Wo sehen Sie Spielraum?
Kurzfristig geht es eh nicht, weil die Spielpläne stehen. Aber wir arbeiten sowohl mit der Euroleague als auch mit der BBL zusammen, um die Spielpläne zu entzerren. Vielleicht muss man noch früher anfangen, das wird man sehen. Einfach wird es sicher nicht, zumal wir auch viele Nationalspieler haben, die bei den großen Turnieren dabei sind. Klar ist für mich aber auch: Die Zuschauer wollen beides sehen, die Euroleague und die BBL. Deshalb müssen und wollen wir beides bedienen. Die Deutsche Meisterschaft ist und bleibt unser Kerngeschäft.
Die Zuschauer wollen auch Identifikationsfiguren sehen, wozu auch Eigengewächse zählen. Nun zieht das amerikanische Collegesystem Toptalente wie bei Ihnen Ivan Kharchenkov ohne Transfersystem ab. Alarmierend?
Ganz klar, ja. Das wird die Aufgabe des Basketball-Weltverbandes FIBA sein, dass die Vereine besser geschützt werden. Es macht ja überhaupt keinen Sinn, dass wir viel Geld in die Hand nehmen, um die Spieler wie eben Ivan Kharchenkov auszubilden – nur damit sie dann mit 18 gehen und wir keinerlei Entschädigung erhalten. Das kann nicht die Zukunft sein. Wir werden das Rad nicht zurückdrehen können, dass den Colleges das Geld wieder genommen wird. Aber dann muss es zumindest eine Aufwandsentschädigung geben. Das ist im Fußball ja auch so. Wir sind deshalb auch mit der FIBA im Gespräch. Es muss jetzt auch schnell gehen.
Bei Real Madrid gibt es öffentliche Überlegungen, die Nachwuchsarbeit auf den Prüfstand zu stellen. Säbelrasseln oder beginnende Frustration?
Naja, wir haben ja vorhin über die steigenden Kosten in der Euroleague gesprochen. Insofern liegt der Gedanke schon nahe: Warum soll ich viel Geld in die Jugendarbeit stecken, wenn am Ende die besten Spieler ohne Entschädigung gehen. Aber die Arbeit einzustellen, kann ja auch nicht richtig sein im Land des Weltmeisters.
Zurück zur Aktualität: Ihre Fußballer starten in die Club-WM. Sie werden die Titelentscheidung wohl nur aus der Distanz erleben?
Oh nein, ich bleibe hier. Bis wir hoffentlich Meister sind. Erst nach dem letzten Spiel werde ich in die USA reisen.
INTERVIEW: PATRICK REICHELT