Absage: Nico Williams (li.) zieht es zu Barca. © Frej/Imago
Ex-Manager und Insider: Michael Reschke. © Langer/Imago
Miami – Nach Florian Wirtz (FC Liverpool) sagte auch Nico Williams (will zum FC Barcelona) dem FC Bayern ab. Schon im vergangenen Jahr tat sich der Rekordmeister unter Sportvorstand Max Eberl schwer, seine Wunschkandidaten – Trainer (Alonso, Rangnick) wie Spieler (Doué, Simons) – nach München zu lotsen. Woran liegt das? Unsere Zeitung fragte bei Manager-Legende Michael Reschke (Leverkusen, Bayern, Stuttgart und Schalke) nach.
Herr Reschke, zieht der FC Bayern nicht mehr?
Die Frage ist mir zu populistisch. Der FC Bayern ist weiterhin eine europäische Topadresse. Geändert hat sich, dass es davon mittlerweile mehrere gibt und zudem die Premier League bei absoluten Topspielern einen größeren Reiz ausübt als die Bundesliga. Ich bin sicher, dass dies beispielsweise für Florian Wirtz von entscheidender Bedeutung war.
Gehaltstechnisch sind die Bayern in der Lage, Spitzensummen zu zahlen. Welche Argumente sind für Spieler noch entscheidend?
Trainer, die Klasse und Perspektive des Teams – da natürlich die Frage: kann man Titel speziell die Champions League gewinnen. Und natürlich – wie schon festgestellt – auch das Niveau der Liga, und da toppt die Premier League alles. Dann gibt es natürlich noch emotionale Faktoren. Viele Spieler träumen eben davon, einmal für Barca oder Real zu spielen.
Muss das Scouting kreativere Wege gehen? Weg von den ganz großen Namen, wieder hin zu Spielern mit großem Potenzial?
Scouting ist immer von größter Bedeutung. Es ist so, dass bei Verpflichtungen halt immer mehr der aktuelle Name oder die Vergangenheit zählt. Als 2022 Mané verpflichtet wurde, waren die Fans begeistert. Als wir damals Kimmich oder Coman geholt haben, gab es eher Skepsis und Kritik. Im Nachhinein…
…sind die beiden eingeschlagen – und Mané war schnell wieder weg. Apropos: Nicht nur auf der Zugangsseite tut sich der FC Bayern schwer, sondern auch auf der Abgangsseite. Warum?
Na ja. Wenn Spieler gut dotierte Veträge besitzen, sich wohl fühlen und sportlich von sich überzeugt sind, ist das nicht einfach zu verkaufen – manchmal drehen sich Themen. Vor der vergangenen Saison wurde offen kommuniziert, dass man Kimmich und Goretzka unbedingt verkaufen will, weil man mit Palhinha eine Wunschlösung als Sechser verpflichtete. Wie sich das dann entwickelt hat, ist bekannt.
Sind einige Bayern-Stars überbezahlt?
Dies kann nur beurteilen, wer die Veträge exakt kennt und die Situation, in der der Vertrag angeschlossen wurde, genau einschätzen kann. Was hätten zum betreffenden Zeitpunkt Alternativen gekostet? Nehmen wir das Beispiel Kimmich/Palhinha. Ich bin sicher, dass Jo einen höher dotierten Vetrag als Palinha besitzt. Aber wenn man den gesamten wirtschaftlichen Aufwand für fünf Jahre sieht, dürfte Palhinha wegen der Ablöse und der Beraterkosten vermutlich nicht günstiger sein als Kimmich.
Wie kann so etwas passieren?
In der wirtschaftlichen Betrachtung geht es eben nicht nur um das Gehalt, sondern ganz entscheidend natürlich um den sportlichen Wert, den ein Spieler besitzt. Eines ist sicher: Es gibt in jedem Proficlub Spieler, die überbezahlt sind, weil du im Moment der Vetragsabsprachen als Verein eine andere Vision besessen hast. Ich kann Ihnen versichern: Das nervt dich als Verantwortlicher extrem. Das ist mir auch schon passiert…
Glauben Sie daran, dass Bayern in diesem Sommer noch einen Volltreffer auf dem Transfermarkt landet?
Ich bin sicher, dass die Bayern noch einige Pfeile im Köcher haben und ihnen noch Besonderes gelingt!
INTERVIEW: PHILIPP KESSLER