Mit Leidenschaft und Auge: Kane gegen Boca. © EPA
Miami – Ein Tor, eine Vorlage: Harry Kane wurde nach seiner starken Leistung gegen die Boca Juniors verdient zum Spieler des Spiels gekürt. Gegen den argentinischen Spitzenclub ging der Engländer voran und behauptete sich gegen die harte Gangart der Südamerikaner – und auch im Anschluss der Partie schlug Kane zurück.
Nachdem er im Auftaktspiel gegen Auckland City trotz zehn Münchner Treffer ohne eigenen Torerfolg blieb, hagelte es nämlich von vielen Seiten Kritik – in einigen Berichten wurde sogar bereits eine Torkrise herbeigeschrieben. Auf Nachfrage, ob Kane diese Diskussionen um Torflauten nach so kurzer Zeit nerve oder er sie als Anerkennung für seine sonst starken Trefferquoten sehe, antwortete Kane: „Wenn ich ehrlich bin: beides!“ Daraufhin ergänzte er: „Wenn dein Team zehn Tore schießt und du nicht triffst, nervt dich das als Stürmer und man trauert den vergebenen Chancen hinterher. Aber es ist, wie es ist, und ich bin froh, dem Team heute mit meinem Tor geholfen zu haben.“
Für den Stürmer dürfte die Partie doppelten Grund zur Freude gegeben haben: Kane beendete nicht nur die Diskussionen um seine eigene Leistung im Auftaktspiel, er ließ auch einen besonders aggressiven Gegenspieler verstummen. Lautaro di Lollo, Innenverteidiger der Boca Juniors, verkündete vor dem Turnier in Bezug auf das Duell mit Bayern und Harry Kane schließlich martialisch: „Ich werde ihn töten!“
Stattdessen traf Kane allerdings und legte einen weiteren Treffer vor. Auf die Provokationen des Argentiniers ging er nicht ein – stattdessen beschrieb er lieber das Zusammenspiel vor dem entscheidenden Treffer zum 2:1. „Ich habe versucht, den Ball auf Michaels linken Fuß und in den offenen Raum zu spielen“, erklärte Kane über das Getümmel im Boca-Strafraum, aus dem heraus er auf den Siegtorschützen Olise ablegte: „Er hat einen sehr starken Abschluss und hat das sehr gut gemacht.“
Die Bayern stehen infolgedessen im Achtelfinale, Kane hat mit seinem Treffer einen ersten Schritt im Rennen um einen möglichen Titel als Turniertorschützenkönig gemacht. Bei der Verbands-WM 2018 hat er diese Auszeichnung mit der englischen Nationalmannschaft bereits einmal gewonnen (mit damals sechs Toren) – in letzter Zeit schienen Kanes Berufungen zu den „Three Lions“ aber mehr Ballast als Rückenwind zu sein.
„Wenn er bei der Nationalmannschaft war, muss er immer wieder erst aufgebaut werden. Bei Bayern stehen Spaß, Freude und Offensive im Vordergrund, bei England wird Fußball momentan nicht einmal gearbeitet“, schrieb Lothar Matthäus zuletzt in seiner Sky-Kolumne über die Abstellungen von Kane. England hatte sich vor der Club-WM zuletzt zu einem 1:0-Sieg gegen Andorra gemüht und anschließend mit 1:3 gegen den Senegal verloren. Matthäus empfand es daher als „traurig anzusehen“, wenn man wisse, „wie professionell Kane seiner Arbeit nachgeht“. Die Erklärung: „Er scheint unter dem aktuellen Trainer Tuchel – wie schon unter dessen Vorgänger Southgate – nicht unbedingt glücklich zu sein. Bei Bayern hat er eine andere Körpersprache als in der Nationalmannschaft.“ Gut für Kane: Die nächsten Wochen stehen allein im Zeichen des FC Bayern – und die nächste Abstellperiode kommt erst im September.V. TSCHIRPKE