Mit dem Rücken zur Wand

von Redaktion

Bayern-Basket verlieren 3. Finale gegen Ulm 79:81 – „do or die“ am Dienstag

Zwischen Frust und Fassungslosigkeit: Die Bayern nach der Schlusssirene. © IMAGO

Außer Kontrolle: Devin Booker (in rot) blieb weitgehend wirkungslos. © IMAGO

Hart bedrängt: Justus Hollatz tat sich gegen die energischen Ulmer schwer. © Harry Langer/dpa

München – Kurz nach der Schlusssirene mussten die Bayern-Basketballer, die nicht direkt in die Kabine geeilt waren, auch noch den Hohn der Ulmer Fangemeinde über sich ergehen lassen. Die rund 800 Mitgereisten besangen inbrünstig den strauchelnden Favoriten. Was schon einiges erahnen lässt für die Dinge, die diese Finalserie am Dienstag mit sich bringen wird. Im vierten Duell könnte Ulm die zweite Meisterparty nach 2023 perfekt machen. Und die Bayern? Dem nationalen Branchenführer droht nach dem 89:91 im heimischen SAP Garden eine gänzlich titellose Saison.

Und selbst Trainer Gordon Herbert klingt beim Blick nach vorne nicht nach tiefer Überzeugung. „Es wird jetzt natürlich auch eine psychologische Sache“, sagte er, „wir müssen mit dem Glauben dort hinfahren, dass wir gewinnen können. Aber sie sind ein gutes Heimteam, es wird eine Herausforderung.“

Dabei hatten es seine Profis am Samstagabend in der Hand, selbst einen Schritt in Richtung Titel zu machen. Die Bayern hatten über weite Strecken das Spiel bestimmt. Allerdings: Die vermeintliche erste Garde um Nick Weiler-Babb oder Kapitän Vladimir Lucic schwächelte. Die insgesamt merklich überspielten Bayern hatten immer dann ihre starken Phasen, wenn die Bankspieler übernahmen. (Noch) nicht Oscar da Silva, der Nationalspieler stand erstmals seit seiner Knie-OP immerhin wieder im Kader. Aber sehr wohl Niels Giffey (16 Punkte), Shabazz Napier (14) oder Johannes Voigtmann (12).

Genau die aber schauten in der folgenschweren Phase zu, als Ulm den Bayern eine 76:70-Führung abluchste. Voigtmann nahm es mit einem Schulterzucken. „Ich habe eine Pause gebraucht“, sagte er. Er musste dabei aber mit ansehen, wie Ulms Justinian Jessup seinen Kollegen drei Dreier und einen Freiwurf einschenkte. Die letzten zehn Ulmer Punkte gingen allesamt auf sein Konto. Es waren die Momente, in denen man erahnen konnte, warum Coach Ty Harrelson seinen Verbleib in Ulm vor dieser Saison zur höchsten Priorität erklärt hatte. Der Matchwinner meinte lakonisch: „Ich habe gemerkt, dass ich ein ganz gutes Gefühl in der Hand habe.“

Immerhin: Die Bayern wissen selbst nur zu gut, woran sie ansetzen müssen, um die Serie bei den heimstarken Ulmern vielleicht doch einmal zu drehen. Die Abwehr muss noch einmal nachjustieren. Vor allem im Spiel eins gegen eins offenbarten sie diesmal merkliche Schwächen. Oder wie es Herbert ausdrückte: „Wir waren ein bisschen zu statisch.“ Hier rächte es sich, dass Weiler-Babb in diesem Finale weit von seiner gewohnten Form entfernt ist. Der US-Amerikaner, der dem Vernehmen nach im Sommer zu Efes Istanbul übersiedeln wird, wurde vor einigen Wochen immerhin zum besten Verteidger von BBL und Euroleague gekürt. Seine Defensivimpulse sind für die Bayern offenkundig unersetzlich.

Spielmacher-Juwel Ben Saraf (20 Punkte) etwa deckte die Münchner Schwächen auf. Der Mann, der in diesen Tagen immer mehr andeutet, warum die NBA neben Noa Essengue auch ihn im Visier hat, wirbelte vor allem nach der Pause die Bayern durcheinander. Und dann war da natürlich Jessup, der in dieser Serie schon vorher der verlässlichste Ulmer Dreierschütze war.

„Wir haben in dieser Saison schon große Siege auswärts gefeiert“, sagte Herbert. Nach Überzeugung klang auch das nicht. PATRICK REICHELT

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