Den nächsten Gegner im Blick: Kompany will jedes Spiel gewinnen. © Hoppe/dpa
Charlotte – Es ist knapp ein Jahr her, dass Niclas Füllkrug die deutsche Nationalmannschaft bei der Heim-EM 2024 in letzter Minute gegen die Schweiz zum Ausgleich köpfte. Der Last-Minute-Treffer im letzten Gruppenspiel fühlte sich kurzzeitig an wie ein Sieg, entpuppte sich letztendlich aber als das Gegenteil: Durch den Gruppensieg rutschte Deutschland in einen schwierigen Turnierbaum, traf schon im Viertelfinale auf Spanien – und flog letztendlich raus.
Eine ähnliche Konstellation erwartet den FC Bayern nun am heutigen Dienstag beim letzten Gruppenspiel der Club-WM gegen Benfica Lissabon (21 Uhr deutscher Zeit, DAZN und Sat.1). Im Glutofen von Charlotte (siehe untenstehenden Bildtext) geht es für den Rekordmeister um den Gruppensieg, schon ein Punkt würde für den ersten Platz der Gruppe C reichen. Angesichts der potenziellen Gegner im Achtelfinale stellt sich allerdings die Frage: Will man das überhaupt?
Denn: Als Gruppensieger würde Bayern im Achtelfinale mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den FC Chelsea treffen, für den in dessen letztem Gruppenspiel am Mittwoch (3 Uhr morgens deutscher Zeit) bereits ein Unentschieden gegen Tunis für Platz zwei reicht. Zwar spielten die „Blues“ dieses Jahr nicht ihre stärkste Saison, trotzdem gewann Chelsea zuletzt die Conference League (4:1 im Finale gegen Betis Sevilla).
Und: Mit Topstars wie Cole Palmer, Enzo Fernandez oder – und hier sind wir wieder bei Spanien – Deutschland-Schreck Marc Cucurella haben die Engländer zahlreiche Weltklassespieler in ihren Reihen – von denen Fernandez (Weltmeister) und eben Cucurella (Europameister) außerdem wissen, wie man ein Turnier in der K.o.-Phase angehen muss.
Für die Münchner gäbe es aber auch noch eine andere Option: Sollte man in Charlotte gegen Benfica verlieren, rutscht die Elf von Vincent Kompany auf Rang zwei – und trifft auf Flamengo aus Brasilien. Der Gruppensieg der Südamerikaner steht bereits fest. Die Partie gegen Flamengo würde in Miami stattfinden – nur rund 380 Kilometer Luftlinie vom bayerischen Base Camp in Orlando entfernt. Die Reise nach Charlotte, wo das mögliche Chelsea-Spiel angesetzt wäre, wäre mit etwa 830 Kilometern mehr als doppelt so weit – und der FCB müsste erneut in den Hitze-Ofen im Landesinneren. Zudem hätten die Bayern als Gruppenzweiter einen Tag länger Pause: Spieltermin wäre der 29. statt der 28. Juni.
Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass die Bayern gegen Benfica taktieren. „Ich bin sehr zufrieden. Wir haben gesehen, wie schwer es bisher für europäische Teams war, gegen Mannschaften aus Südamerika zu spielen. Wir haben das gut gemacht und es geschafft, unsere Emotionen zu kontrollieren“, sagte Kompany zuletzt nach dem 2:1-Sieg gegen die Boca Juniors und ließ durchblicken, dass er auch Flamengo als schwierigen Achtelfinal-Gegner sieht.
Dazu kommt: Für den Gruppensieg gibt es zwei Millionen Dollar Preisgeld, für ein Remis noch eine Million. Eine Niederlage bringt gar nichts ein – und würde auf der Weltbühne Club-WM auch eine Prestige-Pleite bedeuten. Intern lautet daher die Maßgabe, jedes Spiel wie ein Finale anzugehen – schließlich wurde bereits im Auftaktspiel gegen das unterklassige Auckland City niemand geschont.
Daher dürfte der Rekordmeister auch im letzten Gruppenspiel Vollgas geben. Sollte sich eine Niederlage anbahnen, wäre sie aber zu verkraften – es reichen die Erinnerungen an den Last-Minute-Treffer von Niclas Füllkrug. VINZENT TSCHIRPKE