Woltemade – und sonst?

von Redaktion

Die deutsche U 21 steht im EM-Halbfinale – mit ziemlich coolen Typen

Fels in der Brandung: Noah Atubolu. © imago

Topstar: Woltemade hat fünf Treffer auf dem Konto. © dpa

Schwerelos: Merlin Röhl (Nummer acht), Nelson Weiper (19) beim 3:2 gegen Italien am Sonntagabend. Im Halbfinale wartet nun Frankreich. © IMAGO

München – Rudi Völler nahm U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo in den Arm und klopfte ihm nach dem Viertelfinal-Wahnsinn anerkennend auf die Brust. Das nervenaufreibende 3:2 nach Verlängerung gegen Italien vergrößert vor dem Halbfinale gegen Frankreich die Hoffnungen auf den vierten Titel einer deutschen U21 weiter. „Die Lust ist riesig, ist doch klar“, sagte Di Salvo nach einem EM-Abend mit großen Emotionen.

„Jetzt regenerieren, essen, schlafen“, rief der Coach seinen Spielern zu. „Der Trainer hat morgen frei – und der Rest auch.“ Für seine Auswahl stand am Montag der Flug von Bratislava aus in den Halbfinal-Ort Kosice im Osten der Slowakei an. Dort sind die Jungfußballer der Grande Nation um den früheren Bayern-Star Mathys Tel am Mittwoch (21 Uhr/Sat.1) der nächste Topgegner, den das Team nach dem von Torgarant Nick Woltemade als „Mörderleistung“ deklariertem Auftritt auf dem Weg ins Endspiel besiegen will. Und danach soll es zurück in die Hauptstadt gehen, wo am Samstag das Finale gegen die in der Gruppenphase mit 2:1 bezwungenen Engländer oder die Niederlande anstehen würde.

Dann übrigens auch mit Julian Nagelsmann als Tribünengast. „Wenn er mal vorbeischaut, wird uns das natürlich freuen“, sagte Rocco Reitz. Wen der Bundestrainer besonders unter die Lupe nehmen würde? Unsere Zeitung stellt die Titeljäger vor.

Der Topstar: Nick Woltemade (VfB Stuttgart/23 Jahre)

Um ihn kommt man freilich nicht herum. Nach einer starken ersten Saison beim VfB Stuttgart startet der Stürmer jetzt auch beim DFB durch. Der 1,98-Meter-Hüne feierte kurz vor Turnierstart sein Debüt in der A-Nationalmannschaft – jetzt schießt er bei der EM alles in Grund und Boden. Mit fünf Toren und drei Vorlagen hat „Woltemessi“ großen Anteil am Halbfinal-Einzug. Der VfB plant weiter mit seinem Shootingstar – trotz des großen Interesses anderer Clubs. Bei der EM könnte er noch Historisches schaffen. Rekordtorschützen des Turniers sind Luca Waldschmidt (2017) und Marcus Berg (2009) mit jeweils sieben Toren.

Der Mittelfeldmotor: Rocco Reitz (Borussia Mönchengladbach/23 Jahre)

„Eistonne und Pizza“, lautete die Devise des Gladbachers nach dem Kraftakt gegen Italien. Der Dauerläufer spielt mit viel Herz. Am Sonntagabend jagte er selbst noch tief in der Verlängerung jedem Ball hinterher. Sorgt in der Schaltzentrale gemeinsam mit Kapitän Eric Martel (1. FC Köln/23) für Ordnung und Stabilität.

Der Fels in der Brandung: Noah Atubolu (SC Freiburg/23 Jahre)

Die Nummer eins im Tor – wie schon bei der EM 2023. Der mitspielende Torwart profitiert von seinen Zeiten auf dem Bolzplatz, gilt als große Zukunftshoffnung. Hat nigerianische Wurzeln.

Der Selfmade-Profi: Merlin Röhl (SC Freiburg/22 Jahre)

Der Mann, der die U21 mit seinem Treffer (117.) kurz vor dem Elfmeterschießen ins Halbfinale knallte, hat einen besonderen Weg in den Profifußball hinter sich. Der gebürtige Potsdamer nahm als Teenager sein Schicksal selbst in die Hand, trug seine Leistungsdaten beim SV Babelsberg in eine App ein, die dann an Scouts und Vereine geschickt wurden. Der FC Ingolstadt lud Röhl daraufhin zum Probetraining ein – mit durchschlagendem Erfolg.

Der Super-Joker: Nelson Weiper (Mainz 05/20 Jahre)

Der schlaksige Stürmer ist der jüngste Bundesliga-Spieler und -Torschütze des FSV Mainz 05. Sowohl dort als auch in der U21 ist er eher in der Jokerrolle. Dass auf ihn Verlass ist, wenn er gebraucht wird, zeigte er gegen Italien, als er die deutsche Elf nach seiner Einwechslung in Führung schoss (87.).

Der Ex-Bayer: Bright Arrey-Mbi (Sporting Braga/22 Jahre)

Geboren in Kamerun, aufgewachsen am Niederrhein und in England. Arrey-Mbi hat viel von der Welt gesehen. Zwischen 2019 und 2023 stand er beim FC Bayern unter Vertrag. In der U15 spielte er sogar für England.

Der Trainer: Antonio Di Salvo (46 Jahre)

Der Ex-Profi (sechs Bundesligaspiele für den FC Bayern) war jahrelang Co-Trainer von Stefan Kuntz. Das Duo coachte die U21 zu den EM-Siegen 2017 und 2021. Vor zwei Jahren übernahm der Deutsch-Italiener als Chefcoach – und scheiterte in der Vorrunde. Di Salvo durfte trotzdem bleiben. Und nimmt nun erneut den ganz großen Wurf ins Visier: „Wenn wir jetzt nicht an das Finale und den Titel denken würden, wäre das schon komisch“.J. OHR

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