Bisher als Assistent erfolgreich: Antonio di Salvo. © dpa
Unbeeindruckt von den Wechselgerüchten: Nick Woltemade (l.) geht der U21 voran. Einige Spieler werden bald ein Thema für die A-Nationalmannschaft sein. © dpa/Robert Nemeti
Bratislava – Tiefenentspannt schlenderte Nick Woltemade zum Mannschaftsbus, schrieb vor dem EM-Finale Autogramme oder posierte für Fotos mit Kindern. Von Unruhe durch den Wechsel-Wirbel nach einer kolportierten Einigung mit dem FC Bayern war dem deutschen U21-Star rein gar nichts anzumerken. Für den 23-Jährigen und eine vielversprechende deutsche Fußball-Generation zählt vor dem England-Endspiel nur eins: Der Europameisterschaftstitel.
„Es wird fantastisch, das wird unser letztes Spiel“, sagte Woltemade über den in 20 Spielen ungeschlagenen Jahrgang. „Wir werden alles tun, um es zu gewinnen.“ Am Samstag (21.00 Uhr/Sat.1) liegt die letzte Niederlage der U21 auf den Tag genau zwei Jahre zurück: Am 28. Juni 2023 setzte es beim EM-Vorrunden-Aus ein 0:2 – ausgerechnet gegen England.
Vor den Augen von Bundestrainer Julian Nagelsmann will die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes den letzten triumphalen Schritt gehen – und es den Generationen um Manuel Neuer (2009), Serge Gnabry (2017) und Florian Wirtz (2021) gleichtun. Zudem können sich die U21-Nationalspieler auch für eine WM-Chance im kommenden Jahr im Nagelsmann-Ensemble in Position bringen. „Den einen oder anderen hat er auf dem Zettel“, verriet DFB-Sportdirektor Rudi Völler.
Woltemade wurde in der Nations League schon zum A-Nationalspieler befördert. Durch seinen rasanten Saison-Aufstieg und eine herausragende EM mit sechs Toren und drei Ehrungen zum Spieler des Spiels schnellt sein Marktwert weiter nach oben.
Medien spekulieren über einen angestrebten Wechsel in diesem Sommer nach München und einen gut dotierten Fünfjahresvertrag. Die Bayern äußern sich sehr wohlwollend über den Sturm-Riesen. Die Stuttgarter verweisen auf den Vertrag bis 2028 und ihre Planungen. „Wir planen fest mit Nick und wollen auch im kommenden Jahr von seinen sportlichen Qualitäten profitieren“, sagte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth. Der Poker um eine Ablöse im mittleren bis hohen zweistelligen Millionen-Bereich scheint zu beginnen.
U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo, der auf der Reise in die slowakische Hauptstadt im konzentrierten Gespräch mit Woltemade zu beobachten war, interessiert das alles nicht. Es geht für ihn und sein Team ausschließlich um den finalen und krönenden Schritt zum Titel. „Wir freuen uns natürlich über Tore von Nick auch im Finale, aber wer die Tore erzielt, ist dann auch egal“, sagte Di Salvo. Als Assistenzcoach von Stefan Kuntz jubelte der 46-Jährige zweimal als Europameister, wurde einmal Vize. Jetzt soll sein größter Erfolg als Chef her.
Für einzelne Spieler geht es um die Perspektive bei Nagelsmann. Die U21 hat auf Positionen etwas anzubieten, auf denen es im A-Team in den vergangenen Jahren immer wieder Personalbedarf gab. Die Frankfurter Außenverteidiger Nathaniel Brown und Nnamdi Collins werben für sich. Wie auch die im langen Schatten von Woltemade vortrefflich agierenden Stürmerkollegen Nelson Weiper (Mainz) und Nicolo Tresoldi (bald Brügge). Der Freiburger Noah Atubolu wird im Generations-Wechsel im DFB-Tor eine Rolle spielen.
In der Gruppenphase gewann die auf elf Positionen veränderte U21 mit 2:1 gegen England. Die Folgerungen aus dem Spiel: Keine. Einzig die Gewissheit, dass eine andere Mannschaft auflaufen wird – wieder natürlich mit dem da geschonten Woltemade. „Ich glaube, der Trainer sollte schon wissen, dass er mich lieber aufstellt“, scherzte der Turnier-Star. DPA