Die Bretter, die deutsche Fußballerinnen bohren müssen, sind gar nicht mehr so dick. Ihnen ist die Aufmerksamkeit der nächsten Wochen gewiss. ARD und ZDF werden die EM vor schönen Alpenkulissen auf allen Kanälen schon aus eigenem Interesse befeuern. Bei den Frauen stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis zwischen Rechtekosten und Reichweite. Als die noch von Alexandra Popp angeführte Mannschaft vor drei Jahren das EM-Endspiel gegen England in der Verlängerung verlor, schalteten an jenem Sonntagnachmittag fast 18 Millionen Menschen ein. Kein einziges Spiel der Männer-WM im selben Jahr in Katar erreichte eine solche Quote.
Bei den Männern wirken abseits der Bundesliga die meisten Formate entartet, weil unnötig aufgebläht. Neuester Irrsinn ist die gerade laufende Club-WM in den USA, ein aus dem Boden gestampftes Turnier, das in erster Linie der Machtvergrößerung von Gianni Infantino, dem Präsidenten des Fußball-Weltverbandes FIFA, dient. Ohne saudische Geldgeber wäre es nicht gelungen, die europäischen Großklubs mit hohen Summen zu ködern. Doppelpässe mit den Despoten der Welt. Ohne Rücksicht. Auch nicht auf die EM der Frauen, bei denen Deutschland traditionell erfolgreich war und acht der ersten elf Auflagen gewann.
Bis heute ist der charmante, teils provinzielle Charakter bei diesem Turnier nicht verloren gegangen. Es gibt auch bei der Frauen-EM 2025 noch Stadien wie in Thun oder Sion, die fassen keine 10 000 Zuschauer. Der erste deutsche Spielort St. Gallen für das Auftaktspiel gegen Polen an diesem Freitag hat gerade mal 76 000 Einwohner. Ein kompaktes, übersichtliches Turnier, in einem Format mit 16 Teams verteilt auf vier Gruppen, ist genau das, was den Fußball früher so anziehend gemacht hat. Eine Frauen-EM ist (noch) ein liebenswertes Kleinod. Genau wie übrigens die gerade beendete U21-EM der Männer in der Slowakei als Gegenmittel zum Gigantismus taugte.
Die Europäische Fußball-Union (UEFA) verdient mit dem wichtigsten Frauen-Turnier immer noch kein Geld. Die zuständige Direktorin, die frühere Nationalspielerin und Weltfußballerin Nadine Keßler, verriet, ihr Verband werde wohl 32 Millionen draufzahlen müssen. Es zählen glücklicherweise auch mal andere Werte mehr. Etwa Nachhaltigkeit. Die acht Spielorte sind mit den in der Schweiz gut funktionierenden öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Ticketinhaber reisen kostenlos. Während sonst alles in der Schweiz sündhaft teuer ist, waren die Preise für die Karten mit 25 und 90 Franken (rund 23 bis 85 Euro) moderat.