Robert Reisinger
München – Beim Testspiel-Auftakt in Grafenau (10:0) fehlte Robert Reisinger wegen einer Terminüberschneidung. Tags drauf, beim 15:0 in Weyarn, war er dann vor Ort – auch wenn ihn die Gastgeber versehentlich als „Michael Reisinger“ ankündigten. Kleine Pannen, die den Oberlöwen nicht aus dem Gleichgewicht bringen dürften. Dafür hat er in seinen acht Jahren im Ehrenamt zu viel erlebt. Ein bisschen Wehmut dürfte in Weyarn dennoch mitgeschwungen haben, denn Reisingers Tage als Präsident des TSV 1860 sind gezählt. Am Sonntag soll er den Staffelstab an Gernot Mang übergeben. Der Möbelmogul erwartet das Votum der Mitglieder – schließlich ist Mang der einzige Kandidat, den der Verwaltungsrat für die Wahl des Vereinsoberhaupts vorgeschlagen hat, zum anfänglichen Verdruss Reisingers. Künftig soll es zudem drei Vizepräsidenten geben.
Wer gehofft hatte, dass Reisinger im Vorfeld noch einmal kräftig auf die Pauke haut, der unterschätzt die Loyalität, die der 61-Jährige gegenüber seinem Herzensverein empfindet. Sicher gäbe es einige Personen, mit denen Reisinger gerne abrechnen würde. Auch seine Bilanz der acht Jahre kommt hier und da nicht gut weg. Dem glücklichen Aufstieg in die 3. Liga (2018) folgte in der öffentlichen Wahrnehmung wenig Konkretes: keine Turnhalle, keine 2. Liga, keine Stadionlösung, keine Konsolidierung der KGaA. Reisinger selbst sieht das differenzierter – in früheren Wortbeiträgen verwies er darauf, den e.V. zu einem mitgliederstarken Faktor in der Giesinger Sport- und Kulturszene entwickelt zu haben. Gut möglich, dass er einiges davon am Sonntag in seinem Rechenschaftsbericht aufgreifen wird. Viel mehr an Rechtfertigungen oder gar „schmutziger Wäsche“ ist nicht von ihm zu erwarten. Eine Interviewanfrage unserer Zeitung lehnte er mit der Begründung ab, er wolle am 6. Juli „lautlos“ von der Präsidentschaftsbühne abtreten.
Mang, der ihn mutmaßlich beerben wird, erbt kurioserweise eine ähnliche Ausgangslage: Auch der Vorarlberger hat die Chance, am Ende seines ersten Jahres einen Aufstieg zu feiern – die Löwen gelten wie berichtet als Topfavorit. Leider gibt es jedoch einige Themen, die schon Reisinger zu schaffen machten: ein unbequemer Mitgesellschafter, wiederkehrende Finanzlöcher, ein ewiges Ringen um jeden Cent. Zuletzt berichtete die „Süddeutsche Zeitung“, dass nicht nur das auf 6,3 Millionen Euro erhöhte Sportbudget für 2025/26 nicht komplett gegenfinanziert sei (250 000 Euro fehlen). Schlimmer noch: Auch die Fortführungsprognose für die Jahre ab 2026 soll wackeln – angeblich wegen einer Etat-Unterdeckung in Höhe von 5 Mio. Euro.
Viel Arbeit also, die auf Mang zukommt. Reisinger geht das ab Sonntag nichts mehr an. Fad sollte ihm trotzdem nicht werden: Er reist gerne, spielt Golf – und natürlich wird er auch als Ex-Präsi ein Löwe bleiben.ULK