Die Sensation von Silverstone

von Redaktion

Bei seinem 239. Rennen fährt Hülkenberg zum ersten Mal aufs Podest

Nico Hülkenberg strahlt über das erste F1-Podium seiner Karriere © IMAGO/DPPI

Emotionaler Heimsieg: Lando Norris stemmt den Pokal in die Luft. © Matthews/dpa

Silverstone – Nico Hülkenberg verspritze auf dem Podium Champagner, ballte mit einem stolzen Lächeln die Faust und klopfte sich immer wieder aufs Herz. Die erste Siegerehrung seiner langen Formel-1-Karriere kostete der Routinier nach der Sensation von Silverstone in vollen Zügen aus. 5593 Tage nach seinem Debüt in der Königsklasse hatte sich mit Platz drei ein Traum erfüllt. Sein 239. Grand Prix – er bleibt für immer unvergessen.

„Heute ist mein Tag“, sagte Hülkenberg, der Zeit brauchte, um das Geschehen beim „surrealen“ Großen Preis von Großbritannien zu verarbeiten: „Es hat dann doch einige Zeit gedauert. Ich bin sehr, sehr glücklich.“

Völlig unerwartet war der Emmericher im Regenchaos von Silverstone von Startplatz 19 nach vorn gespült worden. Eine kluge Reifenwahl begünstigte die Aufholjagd im unterlegenen Sauber, letztlich brillierte aber vor allem Hülkenberg, der in seiner Laufbahn zuvor drei Mal Vierter geworden war, selbst. Im Jahr 2010 hatte er sein Formel-1-Debüt gefeiert, er hält den Rekord für die meisten Rennen ohne Podestplatzierung. In einem Spitzenauto saß Hülkenberg nie. Nun hatte das Warten ein Ende.

Teamchef Jonathan Wheatley bezeichnete das Ergebnis bei Sky als „überfälligstes Podium der Formel-1-Historie, Nico hat ein Meisterstück abgeliefert, eine unglaubliche Performance.“ Und diese hatte auch Symbolcharakter: Für Hülkenberg war es die vierte Punkte-Platzierung in Folge im Sauber, es geht bergauf für den Schweizer Rennstall, der im kommenden Jahr zum Audi-Werksteam wird.

Der Sieg war nicht in Reichweite. Lando Norris (McLaren) gewann sein Heimrennen vor seinem Teamrivalen Oscar Piastri. Die beiden trennen in der Fahrer-WM nun acht Punkte, Piastri führt die Wertung an.

Nach einer hektischen Anfangsphase auf teils nassem, teilts trockenem Asphalt begann es heftig zu regnen, sodass das Safety Car ausrücken musste. Vor dem Neustart hatte der in Führung liegende Piastri Max Verstappen, der nach einem Dreher zwischenzeitlich auf Platz zehn zurückfiel, ausgebremst und dafür eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgebrummt bekam. Hülkenberg, der durch die richtigen Entscheidungen im Reifenpoker nach vorn gespült worden war, überholte Lance Stroll im Aston Martin und hatte plötzlich das Podium vor Augen. Lediglich Lewis Hamilton, der nach seit 2014 beim Heimspiel stets auf dem Podest gestanden hatte, konnte dem Deutschen noch gefährlich werden. Der Brite scheiterte bei der Jagd auf Hülkenberg und wurde im Ferrari Vierter – am Ende erfüllte sich aber Hülkenberg seinen Traum.

„Ich kann nicht begreifen, was wir gerade geschafft haben“, funkte Hülkenberg nach der Zieldurchfahrt mit zittriger Stimme an seine Box, „oh mein Gott.“ Er habe es während des Rennens nicht an sich herangelassen, sagte er wenig später im Interview, „aber wir sind nicht zusammengebrochen unter dem Druck.“

Der größte Tag seiner Formel-1-Karriere kam für Nico Hülkenberg genau zum richtigen Zeitpunkt. „Es ist gut, dass wir jetzt zwei Wochen Pause haben“, sagte er gut gelaunt, „da kann man die Feierlichkeiten ein bisschen ausdehnen und diese Welle länger reiten.“ Auf der Pressekonferenz stellte Fahrer-Kollege Piastri eine Frage an den Mann der Stunde: „Wie ist das, wenn man 15 Jahre auf ein Podium wartet und der Pokal dann aus Lego ist?“ Hülkenberg grinste zurück: „Ich mag Lego, und meine Tochter kann damit spielen! Ich beschwere mich nicht.“ Aufgrund eines Sponsorendeals mit dem gleichnamigen Spielwarenhersteller bestanden die Pokale in Silverstone aus Lego-Steinen.SID

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