Vorbild ist der „Kollege von der Straße 200 Meter gegenüber“: Thomas Dähne will wie Manuel Neuer ein mitspielender Torwart sein. © Sampics / Stefan Matzke
Ulrichsberg – Ulrichsberg im Mühlviertel – ein 3000-Seelen-Dorf in Oberösterreich. Für Thomas Dähne (31) mehr als nur idyllisch. Grüne Wiesen, sanfte Hügel, dahinter die Konturen der Alpen – das ist das Bild, das er vermisst hat. Nach RB Salzburg ging es für ihn nach Helsinki (2015–17), dann fünf Jahre Kiel, dazwischen ein Stopp bei Wisla Plock nahe Warschau. Schöne Stationen, spannende Erfahrungen. Doch jedes Mal beim Heimflug war sein erster Gedanke: „Wow, die Berge sind wieder da!“ Seit zwei Wochen sind sie es täglich.
Dähne, geboren in Rosenheim, aufgewachsen in Oberaudorf, verheiratet mit einer Salzburgerin – als im Juni die Anfrage der Löwen kam, musste er nicht lange überlegen. „Ich hatte von Anfang an ein super Gefühl“, sagt er, während er in einer Sitzecke im Chaletstil Fragen der Reporter beantwortet. „Wir haben in Salzburg gebaut, im November erwarten wir das zweite Kind. Es fühlt sich an wie hoamkommen.“
Trotz seiner Erfolge in Finnland (Double) und Kiel (Aufstieg) ist Dähne im Herzen immer Alpenländer geblieben: „Bayern und Österreich – das ist für mich eins.“ Nur den Dialekt legte er zwischenzeitlich ab. Seine Gespräche mit Ösi-Stürmer Benni Pichler hätten sich für Teamkollegen in Kiel „wie Mongolisch“ angehört. Die Rückkehr in die Heimat wurde gefeiert. „Mein Handy ist gefühlt explodiert, als der Wechsel öffentlich wurde.“ Selbst der 84-jährige Klinger Hans, Rosenheimer Vereinsikone, meldete sich. „Es gab sicher andere Optionen. Aber wenn du das Angebot von 1860 bekommst – in der Heimat, mit dem Projekt, den vielen Neuen –, dann ist das einfach cool.“ Und sportlich? „Ich hab extrem Lust auf die Challenge.“
Die hat es in sich. Dähne tritt das Erbe von Marco Hiller an – 17 Jahre bei den Löwen, ein Publikumsliebling. Dähne bleibt respektvoll: „Ich kenne Marco nicht persönlich, habe nie gegen ihn gespielt. Deshalb steht es mir nicht zu, Vergleiche zu ziehen.“ Was er einbringen will: einen aktiven, modernen Torwartstil, den auch der spielende Trainer René Vollath, hinter ihm die Nummer zwei, vertritt. „Ich bin keiner, der auf der Linie klebt“, sagt Dähne: „Ich will mitspielen, der Mannschaft als Überzahlspieler helfen.“ Sein Vorbild erwähnt er nicht namentlich – aus naheliegendem Grund. Stattdessen sagt er verschmitzt: „Der Kollege von der Straße 200 Meter gegenüber.“ Gemeint: Manuel Neuer.
Auch die Rückennummer ist ungewöhnlich. Nicht die 1, sondern die 21 ziert Dähnes Rücken. In Salzburg wich er einem Konkurrenten aus, der auch die 1 beanspruchte, in Kiel stieg er mit ihr auf. „Die 21 ist meine Glückszahl – vielleicht bringt sie ein gutes Omen.“
Und was ist mit großen Zielen? Wie alle Löwen in Ulrichsberg hält sich auch Dähne verbal zurück. Kein Wort über die Aufstiegsvision, stattdessen ein klares Bekenntnis zur neuen sportlichen Heimat: „1860 ist ein Riesenverein mit einer Riesenstrahlkraft. Ich freue mich extrem auf das, was kommt.“
Auch wenn er in München eine Wohnung sucht – Salzburg bleibt seine Familien-Base. Die A8 wird zur Pendelstrecke – mit vertrautem Blick aus dem Fenster. Jedes Mal, wenn er Richtung Süden fährt, wird er denken: Wow, die Berge! Gegen nordisches Flachland und das Meer eintauschen? Kein Thema mehr.
ULI KELLNER