Bittere Verletzung: Gregor Dimitrow hatte Jannik Sinner am Rande einer Niederlage, musste aber aufgeben. © IMAGO/SPP
Siegemund streckt sich – am Ende jedoch reicht es nicht: Nach einer 1:0-Satzführung verliert die 37-Jährige gegen die Weltranglistenerste Sabalenka in drei Durchgängen. © Greenwood/Imago
London – Laura Siegemund winkte enttäuscht ins Publikum, klopfte sich auf die Brust und durfte doch stolz vom Centre Court gehen. Trotz einer fabelhaften Leistung hat die 37-Jährige in einem Drei-Satz-Krimi gegen die Topfavoritin die Wimbledon-Sensation verpasst. Die große Außenseiterin unterlag der Weltranglistenersten Aryna Sabalenka mit 6:4, 2:6, 4:6 und verpasste den Einzug in ihr erstes Halbfinale beim Rasen-Klassiker.
„Sie hat mich so sehr gepusht, sie hat ein unglaubliches Turnier und Match gespielt“, sagte Sabalenka über Siegemund. „Nach dem ersten Satz habe ich zu meiner Box geschaut und gesagt: Jungs, bucht die Tickets. Wir verlassen diese wunderschöne Stadt.“
Siegemund hatte die Favoritin am Rande einer Niederlage, nahm der Belarussin den ersten Satz im Turnierverlauf ab, musste sich am Ende aber knapp geschlagen geben. Die schwäbische Doppel-Spezialistin kassierte für ihr erstes Wimbledon-Viertelfinale rund 464.000 Euro).
Vor den Augen der Schauspielerinnen Jodie Foster und Sienna Miller in der Royal Box auf der Ehrentribüne entnervte Siegemund ihre Gegnerin mit einer ausgefeilten Taktik und zeigte gegen die schlagkräftige Sabalenka zahlreiche Stopps. Am Ende setzte sich aber doch die dreimalige Grand-Slam-Siegerin nach 2:54 Stunden durch.
Um 13.30 Uhr Ortszeit betrat Siegemund zwei Schritte hinter der einen Kopf größeren Sabalenka den sonnigen Centre Court. Die Atmosphäre auf dem traditionsreichen Platz schüchterte die Außenseiterin keinesfalls ein – sie schaffte einen perfekten Start. Als Siegemund nach 15 Minuten per Rückhand das zweite Break zum 3:0 schaffte, jubelten die Zuschauer dem Underdog begeistert zu.
Vor der Partie hatte Sabalenka den Spielstil ihrer Gegnerin als „nervig“ bezeichnet. „Es macht null Spaß gegen sie zu spielen, weil sie dich so in den Wahnsinn treibt mit ihren Slices“, erinnerte sich Andrea Petkovic vor dem Match an ihre langjährige Weggefährtin und deren unterschnittene Bälle.
Und Sabalenka zeigte Wirkung. Einmal schimpfte sie mit einem Balljungen, schüttelte immer wieder den Kopf. Beim Stand von 5:2 wackelte Siegemund plötzlich, gab ihren Aufschlag mit zwei Doppelfehlern ab. Auch dies warf sie jedoch nicht zurück, nach 57 Minuten nutzte die Deutsche ihren zweiten Satzball.
Sabalenka stapfte vor dem zweiten Durchgang vom Platz, Siegemund versteckte ihren Kopf in der Pause unter einem Handtuch. Der bessere Start gelang diesmal zunächst der Favoritin, doch auch ein 0:2 brachte Siegemund zunächst nicht aus dem Konzept. „Ganz stark, Come on“, brüllte sie nach einem Fehler der Gegnerin über den Platz.
Wütend drosch Sabalenka den Ball nach einem Aufschlagverlust auf den Rasen. Es blieb ein Spiel auf hohem Niveau, in dem jedoch immer mehr die Belarussin die besseren Antworten hatte. Die Ballwechsel entschied nun meist Sabalenka für sich, Siegemund machte kaum noch einfache Punkte. Ein Rückhandfehler besiegelte den Verlust des zweiten Satzes.
Siegemund nahm sich eine lange Pause, Sabalenka trainierte Aufschläge, um die Zeit zu überbrücken. Es ging hin und her, mit einem spitzen Schrei quittierte Sabalenka das Break zum 3:4 für Siegemund. Doch die Weltranglisten-104. ließ einen Spielball zum 5:3 ungenutzt, stattdessen drehte Sabalenka auf und jubelte am Ende befreit auf.