Es ist im Fußball ein ungeschriebenes Gesetz, dass Neuzugänge nach Lieblings-Mitspielern befragt werden. Der Neu-Frankfurter Jonny Burkardt richtete sich diese Woche direkt an Mario Götze und formulierte seine Erwartungen wie folgt: „Einen Traumpass nach dem anderen, sodass ich nur noch den Fuß hinhalten muss.“ Eine Stürmer-Aussage, die Druck erzeugt – aber das ist dem Götze aus dem Jahr 2025 herzlich egal. Jede Wette: Er wird diese Herausforderung annehmen. Sogar dankend.
Es braucht nicht viel Fantasie für die These, dass das vor ein paar Jahren anders gewesen wäre. Wie hätte der Mario Götze aus dem Jahr 2015 geantwortet, als er nach seinem Weltmeister-Tor von Rio die Erwartungen beim FC Bayern nicht erfüllen konnte? Was jener von 2017, der nach seiner Stoffwechselerkrankung beim BVB keine Rolle mehr spielte? Was der, der 2020 vereinslos war? Ein gefallener Held mit angeknackstem Selbstvertrauen, ein Hochtalentierter auf der Suche nach sich selbst. Mehr Druck wäre Gift gewesen, schon so tat es ja oft im Herzen weh, diesen Fall miterleben zu müssen. Genauso verhält es sich aktuell bei der Personalie Timo Werner, die nicht nur Leipzig beschäftigt.
Was man schon weiß: dass Werner, die einstige deutsche Sturm-Hoffnung, der Champions-League-Sieger von 2021, keine Zukunft mehr bei RB hat. Trotz Vertrags bis 2026 will man ihn zu einem Wechsel bewegen, zur Not mit drastischen Mitteln. Testspiel-Einsätze sind ihm nicht in Aussicht gestellt, vielmehr die Zuschauerrolle, die er auch beim Europa-League-Erfolg während seiner Leihe nach Tottenham innehatte (Tribüne!). Harter Tobak! Schwer zu verkraften! Und müßig, einen Schuldigen zu suchen. Sowieso hat es keinen Sinn mehr zurückzublicken. Vielmehr gibt es noch eine Chance: Werner ist jetzt dort, wo Götze 2020 war – ehe er bei der PSV Eindhoven sein Glück fand.
Es war nicht gerade sexy, als gefallener Nationalheld aus der Bundesliga nach Holland zu flüchten. Und es ist wäre für Werner auch zweifellos ein Abstieg, mit 29 Jahren einzusehen, dass die US-Liga MLS das Beste für ihn ist. Aber dass Mut sich auszahlen kann, hat Götze bewiesen. Bei ihm kehrten Spielwitz und Selbstbewusstsein nach und nach zurück, heute verzückt er als Führungsspieler wieder die Bundesliga. Dabei ist der neue Mario nicht der alte. Er ist anders, vielseitiger, reifer – besser?! Zumindest so gut, dass nicht nur Burkardt ihn liebt. Sein Schicksal erfreut die gesamte Fußball-Nation. Bei Werner wäre es ähnlich.