Sondersituation Sachsenring

von Redaktion

Chaos, Kult und König Marquez: Eine Region im Motorradfieber

Elf Siege: Marc Marquez ist auf dem Sachsenring kaum schlagbar. © Imago/Gora

Etwa 250 000 Zuschauer strömen an diesem Wochenende zur MotoGP an den Sachsenring. Die Zukunft in der Königsklasse nach 2026 ist noch nicht endgültig geklärt. © IMAGO/Gora

Schwarz, Rot, Gold: Die Randsteine sind eines der Markenzeichen des Sachsenrings. © IMAGO/HZ

Hohenstein-Ernstthal – Das Motorradsport-Mekka ist an diesem Wochenende der Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal. Von Freitag bis Sonntag pilgern rund eine Viertelmillion Menschen an die Rennstrecke, die nur ganz selten als solche genutzt werden kann.

„Wir haben beim Sachsenring eine komplette Sondersituation“, sagt ein Sprecher des veranstaltenden ADAC. Offiziell sind nur zehn Lärmtage pro Jahr erlaubt. Also dürfen lediglich drei Rennwochenenden ohne Auflagen wie Zusatzschalldämpfern stattfinden. Im vergangenen September wurde aufgrund Anwohnerbeschwerden nun eine 100 Meter lange, zum Teil 14 Meter hohe Lärmschutzwand errichtet.

Wenn nicht gerade die MotoGP-Stars um den König des Sachsenrings, Marc Marquez, in waghalsiger Schräglage durch die 13 Kurven heizen, betreibt das örtliche Fahrsicherheitszentrum größtenteils die Strecke. „Ohne uns könnte die Rennstrecke gar nicht erhalten werden“, sagte der Chef des Fahrsicherheitszentrum, Ruben Zeltner, dem MDR. Was zu einem Kuriosum führt: Denn obwohl Zeltner mit seinem Team ganzjährig Kurse zum allgemeinen Fahrsicherheits- und zum Rennstreckentraining auf dem Sachsenring anbietet, ist er nicht der Veranstalter der MotoGP. Dass selbst die Fans Probleme haben, die richtigen Ansprechpartner für das Rennwochenende zu finden, zeigt ein kurioser Instagram-Post: „Wir sind nicht der Veranstalter der MotoGP am Sachsenring“, schrieb das Fahrsicherheitszentrum und leitete an MotoGP-Deutschland weiter.

Und die Verwirrung geht weiter: Ein weiteres Problem in Hohenstein-Ernstthal ist, dass die Flächen rund um die Strecke unterschiedlichen Besitzern gehören. Dort gibt es beispielsweise nur eine feste Tribüne – und die gehört einem örtlichen Autohändler. Für die großen Zuschauermassen sind 16 temporäre Tribünen aufgebaut worden. Seit 2018 veranstaltet der ADAC den MotoGP und muss dafür die Anlieger „mit ins Boot holen“. Beispielsweise bauten sich Bewohner auf ihrem Privatgelände eigene kleine Tribünen, um sich das Spektakel anzusehen. Die traditionell hohe Automobil-Begeisterung in der Region zeigt immer wieder, dass man am Sachsenring anders tickt.

Im vergangenen Jahr wurde erstmals die 250 000er-Marke geknackt. Zum Vergleich: Das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring zählte im Juni die Rekordbesucherzahl von 280 000 – wohlgemerkt über vier Tage. „Derzeit ist Motorsport in Deutschland einfach angesagt“, merkt auch der ADAC. Vor allem junge Leute und Familien kommen vermehrt an die Strecke. Bei der MotoGP erhalten Kinder unter 14 freien Eintritt. Der ADAC beschreibt die Maßnahme als „Investment in die Zukunft“. Auch die Vertragsverlängerung über 2026 hinaus scheint nur noch Formsache zu sein. „Ich persönlich würde darauf wetten, dass wir uns 2027 am Sachsenring wiedersehen“, sagte ADAC-Sportpräsident Gerd Ennser der Bild. Dann wäre alles für eine große Party zum 100-jährigen Rennstreckenjubiläum angerichtet.

Am Wochenende geht es erst einmal auf dem Asphalt zur Sache. Marc Marquez gilt als der Sachsenking, bei seinen zwölf Starts gewann er elfmal. TV-Experte Alex Hofmann sagte zu Beginn der Saison unserer Zeitung, er könne sich nur selbst schlagen. Die einzig ernstzunehmende Konkurrenz für den sechsmaligen Weltmeister kommt aus der eigenen Familie. Mit seinem Bruder Alex, der vor knapp zwei Wochen nach einem Sturz an der Hand operiert werden musste, beim Sprint am Samstag (15 Uhr) und beim Hauptrennen am Sonntag (14 Uhr/beides auf Sky und DF1) aber wieder starten will, feierte er 2025 schon 13 Doppelsiege. Vielleicht kommt auf dem Sachsenring ein weiterer dazu.ALEXANDER VORMSTEIN

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