ZUM TAGE

Ausbaufähig – auch ohne deutsche Brille

von Redaktion

Vier Wochen Club-WM

Tatsächlich, vier Wochen sind rum. Und die große Bühne hat am Ende derjenige nicht verlassen wollen, der große Bühnen liebt. Etwas verwundert blickten die Spieler von Überraschungs-Sieger Chelsea auf Donald Trump, der an diesem Nachmittag von New York halt gerne mit aufs Siegerfoto wollte. Direkt neben der von Tiffany designten Trophäe, mittendrin in der nun offiziell besten Fußball-Mannschaft der Welt. Ein Sinnbild für diese erste Ausgabe der „neuen“ Club-WM: Pompöse Momente in einem Land, in dem der Fußball – auch nach diesem Turnier – halt eher eine Nebenrolle spielt. Aber war deswegen alles schlecht?

Es stimmt ja schon, dass die Fußball-Nation Deutschland dazu neigt, neuen und mit viel Geld erschaffenen Auswüchsen der ohnehin abgehobenen Branche erstmal kritisch gegenüber zu stehen. Wo in anderen Ländern der Fußball alleine reicht, um grenzenlose Begeisterung zu erzeugen, wird hierzulande die Stirn gerunzelt – oder der TV gar nicht erst eingeschaltet. Die WM 2022 in Katar war vielerorts ein Fußballfest und in Deutschland (aus vielerlei Gründen) ein Turnier zum Vergessen. Und auch die Einschaltquoten zum finalen Akt der Club-WM sprechen Bände: 1,7 Mio. Zuschauer hatte das Finale zwischen PSG und Sieger Chelsea – während mehr als 3,5 Millionen die Partie Niederlande gegen Frankreich bei der Frauen-EM verfolgten.

Bei uns gibt es keinen Applaus für die Infantino-WM, das ist mehr als deutlich. Aber ein Blick über die Grenzen gehört bei einem globalen Turnier schon dazu. Zwei von 32 Teams kamen aus Deutschland, zehn von 63 Partien fanden mit deutscher Beteiligung statt, nur ein Bruchteil der 2.5 Millionen Zuschauer in den US-Stadien hat also eines davon gesehen. Auf der anderen Seite gab es genug andere, die den Auftritt im Rampenlicht genossen haben. Die Kleinen, die sonst unter dem Radar laufen. Die Südamerikaner. Und natürlich auch Chelsea, das diese Mammut-Saison immerhin mit einem Erfolg krönen konnte.

Dass dieser für die Geschichtsbücher ist, darf trotzdem bezweifelt werden. Aus Mangel an Alternativen kann Gianni Infantino vom „erfolgreichsten Vereinswettbewerb der Welt“ sprechen. Bilder von halbleere Stadien, zunehmend müderen Spielern und Hitzeschlachten auf schlechtem Rasen aber haben das Turnier auch geprägt. Tendenz: mehr als ausbaufähig. Und wenn man liest, dass als Ausrichter 2029 unter anderem Katar im Raum steht, wird einem vor dem nächsten Sieger-Foto schon bange.

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