Neun Punkte in der EM-Todesgruppe geholt: Frankreichs Spielerinnen bejubeln den 5:2-Sieg über die Niederlande im letzten Gruppenspiel. © Gollnow/dpa
Basel – Aus den Boxen dröhnte „Freed from desire“, inmitten ihrer tanzenden Teamkolleginnen hüpften Selma Bacha und Lou Bogaert auf dem Tisch und heizten lautstark die französische Kabinenparty an. Während seine Spielerinnen den makellosen Einzug als Gruppensieger in die K.o.-Runde der Fußball-EM gebührend feierten, stapelte Trainer Laurent Bonadei vor dem Viertelfinale gegen Deutschland tief.
„Um ein Favorit zu sein, musst du schon mal eine Trophäe gewonnen haben“, erklärte der 55-Jährige, nachdem seine Mannschaft im abschließenden Gruppenspiel mit 5:2 (1:2) über die Niederlande hinweggefegt war. Die simple Rechnung vor dem Showdown mit der DFB-Elf am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Basel: „Sie haben die EM achtmal gewonnen. Deutschland ist deshalb der Favorit“, erklärte Bonadei – „aber wir sind harte Herausforderer, wir machen es all unseren Gegnern schwer.“
Im Lager der DFB-Frauen ist man sich dessen längst bewusst. „Wir haben alle gesehen, über welche Qualitäten Frankreich verfügt, über welche Dynamik, welches Tempo“, sagte Sportdirektorin Nia Künzer in der ARD. In der „Hammergruppe“ D hatte Frankreich mit Siegen gegen Titelverteidiger England (2:1) und Wales (4:1) schon ein Ausrufezeichen in der Schweiz gesetzt. Dass sie nun durch den nächsten Erfolg gegen die Niederlande „die Todesgruppe“ mit neun Punkten verlassen hätten, könne das Team „stolz und zufrieden machen“, sagte Bonadei, mahnte jedoch: „Wir bleiben in der Haltung des Herausforderers, mit Ehrgeiz.“
Mit dieser Einstellung soll es endlich mit dem ersten Titel bei einem großen Turnier klappen. Bereits im Vorfeld hatte Bonadei seine Mannschaft als „selbstlose, engagierte Truppe mit einer guten Mentalität“ beschrieben und war im Sinne dieser auch nicht vor unliebsamen Entscheidungen zurückgeschreckt.
Mit der Nicht-Berücksichtigung der Routiniers Wendie Renard, Eugenie Le Sommer und Kenza Dali hatte Bonadei, der 2024 vom Co-Trainer zum Chefcoach der Französinnen befördert worden war, für Aufsehen gesorgt. Er entscheide „immer nach bestem Wissen und Gewissen für das Kollektiv“, erklärte er seine Entscheidung. Seiner Meinung nach sei es an der Zeit gewesen, „diesen Übergang zu vollziehen“.
Bislang geht dieses Vorhaben auf. „Wir sind als Mannschaft gewachsen“, meinte auch Stürmerin Delphine Cascarino, die mit einem Doppelpack und einer Vorlage gegen die Niederlande geglänzt hatte. Zwischenzeitlich war Frankreich in Rückstand geraten, doch das Team schaffe es mittlerweile „Situationen umzukehren und schwierige Spiele zu gewinnen“, betonte die 28-Jährige.
Der Weg zum lang ersehnten Triumph soll nun nicht wieder gegen Deutschland enden. Bereits bei der vergangenen EM waren die Französinnen im Halbfinale (1:2) an der DFB-Elf gescheitert. Die Mannschaft von Bundestrainer Christian Wück will Bonadei trotz der historisch hohen EM-Abreibung gegen Schweden (1:4) nicht unterschätzen.
Sicher, Deutschland sei „schwer geschlagen“ worden, sagte Bonadei, „aber sie werden sich neu formieren“ – und in seinen Augen als Favorit antreten.SID