WM-Gold in der Waschmaschine

von Redaktion

Wellbrock meldet sich unter erschwerten Bedingungen eindrucksvoll zurück

Weltmeisterin Moesha Johnson trainiert mit Wellbrock.

Eine Zehntelsekunde fehlte Oliver Klemet (links) zu Bronze. © IMAGO/Wu

Er liebt warmes Wasser: Florian Wellbrock dominierte im Freiwasser das Zehn-Kilometer-Rennen. © IMAGO/SUKUMAR (2)

Singapur – Ein letzter Blick über die Schulter, dann schlug Florian Wellbrock an – und genoss seine triumphale Rückkehr. Nach zehn Kilometern in der Hitze von Singapur riss der 27-Jährige noch im warmen Wasser die Fäuste hoch und schaute entspannt seinen geschlagenen Gegnern beim Endspurt zu. In der „Waschmaschine“ hatte sich der tief gefallene Schwimmstar nach dem Olympia-Debakel von Paris eindrucksvoll mit WM-Gold zurückgemeldet.

„Ganz ehrlich: Ich habe die Rennen im kalten Wasser gehasst. Heute waren perfekte Bedingungen für mich, ich bin sehr glücklich“, sagte der Magdeburger, der ganz im Stile seines Olympiasieges in Tokio das Freiwasserrennen über zehn Kilometer vor der Insel Sentosa von Start bis Ziel dominiert hatte – gerade wegen des 30,4 Grad warmen Meeres, das seine Konkurrenten so fürchteten.

Die Wellen durch die vorbeifahrenden Tanker und Frachter hatten Wellbrock etwas nervös gemacht. „Es hat sich ein bisschen angefühlt wie in einer Waschmaschine bei 40 Grad“, sagte Wellbrock nach seinem siebten WM-Titelgewinn lachend, „es war ein bisschen chaotisch da draußen.“

Oliver Klemet, Silbermedaillengewinner in Paris, hielt lange mit, setzte sich in der vorletzten der sechs Runden auch zusammen mit Wellbrock ein wenig ab. Doch der Frankfurter verpasste sein drittes WM-Edelmetall nur denkbar knapp: Eine Zehntelsekunde fehlte im Endspurt zu Bronze. Da sah Wellbrock schon entspannt zu.

Sein Erfolgsrezept: „Du musst im warmen Wasser auf deinen Körper hören. Es ist so wichtig, Energie für die letzte Runde zu sparen“, erläuterte Wellbrock, dem am Ende nur Italiens Serien-Europameister Gregorio Paltrinieri folgen, aber nicht mehr gefährlich werden konnte. Seine Bilanz nach 1:59:55,5 Stunden: „Nun ja, gut gemacht.“

Die Zweifel waren groß gewesen, nachdem Wellbrock vor knapp einem Jahr in Paris den Medaillen weit hinterhergeschwommen war. Die Finals über 800 und 1500 m Freistil verpasst, in der kalten und dreckigen Seine nur Achter – der Tokio-Olympiasieger, der den deutschen Schwimmsport in den vergangenen Jahren fast alleine aus der Krise gezogen hatte, schien am Ende.

Mit einer neu gefundenen Gelassenheit ließen ihn die Diskussionen vor dem ersten WM-Rennen über die grenzwertigen Temperaturen kalt. Die Verschiebung des Starts vom kühleren Morgen in die Mittagshitze wegen schlechter Wasserqualität aufgrund von Kolibakterien störte ihn weniger als die Konkurrenz. „Das müssen wir als Sportler dann irgendwo gelassen nehmen“, sagte er.

Gleich zweimal musste der Start bei den Frauen verschoben werden. „Das ist echt nervig. Was uns Aktiven hier zugemutet wird, ist einfach nicht okay“, sagte die Lea Boy. Die Würzburgerin war bei ihrem Rennen über zehn Kilometer chancenlos, musste sogar aufgeben. Auch Jeannette Spiwoks hatte nichts mit der Medaillenvergabe zu tun und verpasste als 15. die Top Ten deutlich. Siegerin Moesha Johnson (Australien) trainiert übrigens in Magdeburg mit Wellbrock.SID

Artikel 11 von 11