Kommentator bei Sky & DAZN: Joachim Hebel. © Insta
München – Die Löwen im Investorenwechsel – Hasan Ismaik geht, ein bislang unbekanntes Familienholding aus der Schweiz übernimmt. Fußball-Kommentator Joachim Hebel (Sky & DAZN) kennt sich bestens mit der englischen Premier League aus. Dort sind Investoren der Normalfall. Mit unserer Zeitung spricht er über die Vor- und Nachteile der Geldgeber – und was sich bei den Löwen dringend ändern muss.
Herr Hebel, in Deutschland sind Investoren im Profifußball verpönt, in England nicht. Warum?
Die positiven Beispiele hier in Deutschland fehlen. In England ist es normal, dass Vereine einen Besitzer haben. Die Leute in Deutschland haben Angst davor, dass ein Geldgeber sich aus dem Staub macht und einen Scherbenhaufen zurücklässt. Hat es schon gegeben, ich verstehe beide Sichtweisen.
Gibt es ein Szenario, in dem deutsche Fans einen Investor akzeptieren würden?
Es ist das Allerwichtigste, dass Vereine checken, wer da überhaupt in ihren Club kommt. In England beispielsweise durchleuchtet die Liga den Investor vor dem Einstieg. Man darf auf keinen Fall die Tradition des Vereins wegschmeißen, indem man zum Beispiel das Logo ändert. Die Grundidee des Clubs soll gleichbleiben.
Glauben Sie, dass die 50+1-Regel irgendwann fällt im deutschen Fußball?
In den Top-Fünf-Ligen Europas sind wir die Ausnahme, alle anderen Ligen haben Vereine mit Besitzern. Das heißt, irgendwann werden wir abgehängt werden, das ist Fakt. Wir sehen es auch in der Bundesliga. Am FC Bayern gibt es kein Vorbeikommen. Es sei denn, irgendjemand hat eine gute Idee, es besser zu machen als die Bayern. Das wird bei einem Mitglieder-finanzierten Club wirtschaftlich nicht umsetzbar sein.
Von den Roten zu den Blauen: Nach Infos unserer Zeitung kann sich der neue Geldgeber der Löwen vorstellen, nicht in der Öffentlichkeit zu agieren, auch aus Angst vor Anfeindungen…
Das wäre verständlich. Es kann auch sein, dass der Investor wartet, bis er ein Erfolgserlebnis vorweisen kann. Ich übertreibe jetzt mal: Möglicherweise weiß er bereits, dass 50+1 fällt und er die Stadionpläne bei 1860 vorantreiben kann. Dann bekommt sein Investment eine andere Dimension. Ganz blind wird er nicht reinlaufen in die Sache. Wenn man es clever anstellt, kann das auf alle Fälle funktionieren.
Was muss sich ändern?
Die Frage ist: Möchten wieder alle mitreden, oder bekommt es der neue Geldgeber hin, seine Erwartungen klar zu formulieren? Ein „einfach weiter so“ darf es aber nicht geben.
In Deutschland gab es Negativ-Beispiele, was den Erfolg mit Investoren angeht. Könnte ironischerweise ausgerechnet 1860 mit Erfolg zum Umdenken anregen bei anderen Clubs?
Es braucht wahrscheinlich genau dieses Erfolgserlebnis eines Clubs, ob 1860 oder eines anderen. Die meisten bisherigen Beispiele waren nicht erfolgreich. Jetzt stellen wir uns mal vor, es funktioniert bei den Löwen und sie steigen auf. Gut möglich, dass der ein oder andere ins Grübeln kommt. Wäre Benny Lauth Milliardär und würde sich Anteile bei 1860 kaufen, da würden die Leute sagen: der ist ein cleveres Kerlchen, hat Bock auf Sechzig – super Geschichte. Die Fans haben einfach Angst, dass irgendjemand kommt und sich selbst bereichern will. Es ist ganz einfach: Wenn du etwas liebst, gibst du es nur in die Hände von jemanden, der es genauso liebt.
Investorenwechsel gepaart mit Transferoffensive. Wie erleben Sie 1860 dieser Tage?
Man sieht, dass sie es ernst meinen. Kevin Volland und Florian Niederlechner hätten woanders auch noch spielen können. Das ist nicht nur irgendein Drittligist. Das ist 1860 München! Dieser Club erweckt Emotionen. Die Marke lebt nach wie vor, nur wurde sie zuletzt von den falschen Leuten angefasst. Ich wünsche den Löwen, dass clevere Personen kommen, die es gut meinen.
IV:: BLANCO UCLES