DFB: Mission fünfter Stern

von Redaktion

Julian Nagelsmann © Imago

München – Der Sehnsuchtsort von Julian Nagelsmann liegt inmitten einer Betonwüste in East Rutherford unweit des Hackensack River. Im MetLife Stadium im US-Bundesstaat New Jersey, wo sich der FC Chelsea gerade zum Klub-Weltmeister gekrönt hat, will der Bundestrainer am 19. Juli 2026 nach dem fünften Stern greifen. Ein Jahr vor dem WM-Finale wirkt die kühne Mission Goldpokal jedoch wie ein Himmelfahrtskommando.

Die Absturzgefahr ist groß, die Probleme und Herausforderungen sind riesig – das zeigte nicht zuletzt das Weltturnier der Vereine. Doch neben den Debatten über das extreme Klima, die Reisestrapazen und die mangelhafte Rasenqualität hat längst auch eine Diskussion Fahrt aufgenommen, die Nagelsmann viel mehr sorgen muss: Hat seine Elf überhaupt das Zeug zum Titel?

„Wir sind weder Top-Favorit noch Favorit Nummer zwei“, sagte DFB-Vize Hans-Joachim Watzke und prophezeite: Für den fünften WM-Coup nach 1954, 1974, 1990 und 2014 „müsste schon außergewöhnlich viel passieren“.

Das Debakel im Final Four der Nations League hat vielen Träumern die Augen geöffnet. „Ich spüre, dass wir dran sind“, sagte Nagelsmann nach den Niederlagen gegen Portugal (1:2) und Frankreich (0:2), fügte jedoch ungewohnt kleinlaut an: „Ich bin aber kein Wunderheiler.“

Die jahrelangen Versäumnisse in der Ausbildung seien ad hoc nicht aufholbar, klagte der Bundestrainer, in dessen Mannschaft gleich mehrere Baustellen klaffen. Was wird aus seiner Nummer eins Marc-André ter Stegen, die in Barcelona zum Ersatz vom Ersatz degradiert wurde? Wer soll nur links verteidigen? Wer spielt auf der Doppelsechs? Wie stark kommt der schwer verletzte Zauberfuß Jamal Musiala zurück? Und: Wer soll die Tore schießen?

„Wir haben ein großes Problem – und das ist die Chancenverwertung“, sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und ergänzte: „Das heißt für mich aber nicht, dass wir keinen Titel gewinnen können.“ Doch die Fußball-Nation diskutiert die Lage längst breiter, das Geraune von den „deutschen Tugenden“ wird lauter.

Kronzeuge Matthias Sammer sieht in den DFB-Trikots nur noch „Maschinchen“ am Werk. Das Abschneiden bei der Heim-EM mit dem Viertelfinal-Aus gegen den späteren Europameister Spanien (1:2) sei „übertrieben positiv“ dargestellt worden. „Im Schönreden sind wir noch immer stärker als in der kritischen Analyse“, schimpfte Sammer.

Nicht wenige Experten nannten die frisch-forsche U21 als positives Beispiel für Kampf und Ehrgeiz, auch die Frauen – bis zur historischen Turnierpleite gegen Schweden (1:4). Wenn es schon an Kaderbreite und Qualität mangele, meinte Watzke, müssten die Spieler wenigstens „mit Karacho in die Zweikämpfe gehen“.

Doch gegen die Slowakei, Nordirland und Luxemburg warten in der WM-Qualifikation bis Jahresende ausschließlich Spiele der Kategorie „Pflichtsieg“.

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