TOUR

Pogi erklimmt Schicksalsberg

von Redaktion

Florian Lipowitz auf Augenhöhe mit Vingegaard

Geschlagen: Jonas Vingegaard liegt nun über drei Minuten zurück. © Poujoulat/AFP

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fuhr im Auto des Rennleiters. © Bertorello/AFP

Hutacam – Als Tadej Pogacar nach seiner überirdischen Machtdemonstration lächelnd das Gelbe Trikot in Empfang nahm, genoss Florian Lipowitz abseits des Rampenlichts seinen Durchbruch zum absoluten Spitzenfahrer der Tour de France. Beim ersten Hochgebirgs-Spektakel der Frankreich-Rundfahrt hat sich der deutsche Hoffnungsträger vor den Augen von Präsident Emmanuel Macron zum Podiumskandidaten aufgeschwungen. „Nachdem ich den größten Teil von vorne gefahren bin, habe ich gedacht, ich probiere mal eine Attacke“, sagte Lipowitz im Ziel bescheiden.

Als Dritter fuhr der bärenstarke Lipowitz beim denkwürdigen Auftakt der Pyrenäen-Trilogie über die Ziellinie – nur wenige Sekunden hinter Jonas Vingegaard, der vom entfesselten Pogacar völlig demontiert wurde. „Jeder darf alles träumen. Aber wir konzentrieren uns weiter auf die Arbeit“, sagte Lipowitz‘ sportlicher Leiter Rolf Aldag in der ARD: „Zu Vingegaard war es heute nicht mehr so weit, aber wir sind noch lange nicht da – wir haben noch ganz viel Hitze, ganz viel Schweiß vor uns.“

Der Ulmer Lipowitz verbesserte sich in der Gesamtwertung bei einem Rückstand von nun 5:34 Minuten auf Pogacar auf den vierten Platz und dürfte in den kommenden Wochen einen Angriff auf das Podium in Paris starten. Wer dort ganz oben stehen wird, scheint nach der ersten „echten“ Bergankunft hingegen fast schon entschieden.

Pogacar triumphierte trotz aller Sturzfolgen auf beeindruckende Weise. Der Mann des Tages sagte: „Ich bin total glücklich, dass ich Zeit gutmachen konnte und an diesem Anstieg gewonnen habe.“ Er habe nicht gewusst, wie sein Körper reagiere. Er habe seine Hüfte nur ein bisschen gespürt.

Leicht angeschlagen also brummte Pogacar seinem Rivalen Vingegaard auf der zwölften Etappe 2:10 Minuten auf und liegt nun bereits 3:31 Minuten vor dem Tageszweiten. Mit seinem dritten Tagessieg bei der laufenden Rundfahrt machte der Weltmeister einen großen Schritt in Richtung seines vierten Tour-Triumphs. Der Ire Ben Healy, der die Etappe in Gelb gestartet hatte, fiel weit zurück.

Lipowitz, das wurde schnell deutlich, hatte im Vergleich mit Primoz Roglic, seinem Teamkollegen beim Team Red Bull-Bora-hansgrohe, die besseren Beine. Knapp sechs Kilometer vor dem Ziel machte der Ulmer dann in der Verfolgergruppe Ernst und distanzierte nicht nur seinen prominenten Kapitän, ehe er im Solo die Verfolgung der beiden Topfahrer aufnahm.

„Heute war der Plan, dass Primoz und ich beide offene Karten haben. Jeder durfte am letzten Einstieg was probieren“, erklärte Lipowitz, der wohl auch in den kommenden Tagen auf eigene Rechnung wird fahren dürfen. In der Gesamtwertung liegt er nun fast zwei Minuten vor Roglic.

Rund 60 Kilometer vor dem Ziel war es erstmals ins Hochgebirge gegangen, wo prompt Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel dem hohen Tempo zum Opfer fiel. Obwohl er sich noch einmal herankämpfte, verlor er jede Menge Zeit und ist als Dritter mit 49 Sekunden Vorsprung auf Lipowitz in Reichweite des Deutschen.

Am Freitag kommt es auf der nächsten Pyrenäen-Etappen zu einem speziellen Showdown. Die nur 10,9 Kilometer hinauf nach Peyragudes werden als Bergzeitfahren absolviert – 2023 nahm Vingegaard Pogacar in dieser Disziplin absurde 1:38 Minuten ab. Für einen ähnlichen Ausgang spricht diesmal allerdings wenig.SID

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