„Ich mache weiter!“

von Redaktion

1860: Investor Ismaik bleibt und erhebt schwere Vorwürfe

14 Jahre und noch lange nicht Schluss: Hasan Ismaik wird seine Club-Anteile doch nicht verkaufen. © dpa /

Der alte ist auch der neue Investor: Die Geschichte rund um die Münchner Löwen ist um ein kurioses Kapitel reicher – nicht alle Fans werden darüber jubeln. © IMAGO/Feil

Am Ende eine große Ente: Ex-Präsident Robert Reisinger kommentierte den geplatzten Investoren-Deal kryptisch. © IMAGO

München – Am Sonntag wollten die Löwen ein ausgelassenes Fanfest feiern, das neue Heimtrikot präsentieren – und das offizielle Saisonziel für 25/26 bekanntgeben. Gerechnet wird mit einem großen Auflauf, den es auch geben dürfte – allerdings mit veränderten Vorzeichen. Am Freitag um 14.50 Uhr wurde der Aufbruchstimmung der Stecker gezogen. Um diese Uhrzeit schrieb Hasan Ismaik eine Nachricht an unsere Zeitung, deren Sprengkraft kaum zu toppen ist. Der Wortlaut: „Ich werde dem Verein weiterhin treu bleiben und mich bald mit dem Präsidenten und seinen Stellvertretern treffen, um die Pläne für die nächste Saison, das Stadion und die Turnhalle zu besprechen. Ihnen und den Fans von 1860 möchte ich nur sagen, dass Reisinger und Karl-Christian Bay alle belogen haben.“

Bedeutet im Klartext: Der angebliche Verkauf der Ismaik-Anteile, auf der Homepage der Löwen 13 Tage zuvor verkündet – er ist geplatzt, was das alte Präsidium blamiert dastehen lässt und den Verein zwei Wochen vor dem Drittligastart ins Chaos stürzt. Auf Anfrage unserer Zeitung wollte Reisinger keine Stellung dazu nehmen, allzu sehr scheint es ihn aber auch nicht mehr zu interessieren. Bei Facebook stellte der Ex-Präsident ein Bild von Donald Duck mit Victory-Zeichen rein. Subtext: Eine Ente, die ganze Geschichte. Ein anderer langjähriger Funktionär, der schon seit Tagen ein schlechtes Gefühl hatte, reagierte geschockt, als er von unserer Zeitung von der Ismaik-Bombe erfuhr. „Sch…“ entfuhr es ihm: „Krass… Jetzt müssen wir uns erst mal sammeln.“

Erstaunlich bei der ganzen Angelegenheit: Die Schweizer Familien-Holding, mit der sich Ismaik angeblich einig war, hat es bis zum Schluss geschafft, im Verborgenen zu bleiben. Zur Erinnerung: Nach dem Notartermin am Donnerstag, 3. Juli, hatten die Löwen zwei Tage später auf ihrer Vereinshomepage gemeldet: „Neuer Gesellschafter löst Hasan Ismaik ab. Hasan Ismaik übergibt den Club schuldenfrei. Zügige Stadionsanierung und neue Sporthalle geplant. Löwen und Partner gehen mit großem Ziel in die Saison 25/26.“ Alles in Großbuchstaben und Fettdruck. Im Fließtext wurde Ismaik mit versöhnlichen Abschiedsworten zitiert, ein vielsagender Satz ging in der allgemeinen Goldgräberstimmung unter: „Der Vollzug der Transaktion wird für kommende Woche erwartet.“ Vielleicht hätte man schon da stutzig werden müssen.

Wurde der Deal am Ende vorschnell vermeldet, um Reisinger einen rauschenden Abschied nach acht Jahren Präsidentschaft zu bescheren? In der Mitgliederversammlung am Sonntag danach gab Gernot Mang zu, weder eingeweiht zu sein noch den Namen des Investors zu kennen. Daran hatte sich bis zuletzt nichts geändert. Am Dienstag, bei einem Besuch von münchen.tv, gab der Reisinger-Nachfolger zu, „keinen Austausch mit dem neuen Mitgesellschafter“ zu haben. Optimistisch fügte er hinzu: In den nächsten „zehn Tagen plus/minus“ werde es sicherlich etwas zu verkünden geben.

Nun wurde etwas verkündet – und die Ismaik-Kehrtwende hat das Zeug dazu, auch die kommende Saison, in die die Löwen als Aufstiegsfavorit starten, nachhaltig zu beeinträchtigen. Besonders groß dürfte das Wehklagen in der Fankurve sein, dem Epizentrum der Ismaik-Hasser. Mit Feuerwerk und hämischem Absingen des Scheich-Lieds wurde am 5. Juli die vermeintliche Befreiung nach 14-jähriger Zwangsehe gefeiert. Nun bleibt der ungeliebte Jordanier, was er später auf Facebook so begründete: „Ich habe immer betont, dass ich meine Anteile nur in verlässliche und verantwortungsvolle Hände geben werde. Nachdem ich mich intensiv mit der aktuellen Situation beschäftigt habe, musste ich feststellen: Ein Rückzug meinerseits würde dem TSV 1860 nicht helfen – im Gegenteil. Aus diesem Grund habe ich entschieden, den angestoßenen Verkaufsprozess sofort zu stoppen.“

Kurios: An diesem Samstag reisen die Löwen in die Schweiz. Gemunkelt worden war, dass ein Zusammenhang zu Mister X bestehen könnte. Am Ende ist es aber nur ein Testspiel: Um 16 Uhr misst sich das Team von Patrick Glöckner mit dem FC Vaduz. Der Renommierclub des Fürstentums Liechtenstein hat vor wenigen Tagen Niklas Lang verpflichtet, den Ex-Löwen. Solche Meldungen gerieten am Freitag aber zur Randnotiz. Es gibt jetzt wieder andere Themen – zum Leidwesen von Sportgeschäftsführer Christian Werner und Glöckner sind es politische.

Eben noch Aufbruchstimmung, jetzt Chaos, Katzenjammer und Ungewissheit, die Zukunft des Giesinger Problemclubs betreffend. Für Gesprächsstoff ist jedenfalls gesorgt, wenn die Löwen am Sonntag zum großen Fanfest laden (ab 9.30 Uhr).ULI KELLNER

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