ZUM TAGE

Peinlich, chaotisch – oder einfach 1860

von Redaktion

Investoren-Zirkus

Sich selbst zu zitieren hat im Journalismus normalerweise nichts zu suchen, muss aber in diesem Fall einfach sein. In der Ausgabe des 7. Juli schrieb der Autor dieser Zeilen: „Es klingt zu schön, um wahr zu sein.“ Wenige Stunden zuvor hatte 1860 verkündet, Hasan Ismaik würde seine Anteile nach 14 Jahren bei den Löwen an ein Schweizer Familienholding abgeben – und die Löwen dadurch mehr oder weniger schuldenfrei machen.

Giesing feierte, Raketen wurden in den Himmel geschossen. Völlig umsonst, wie wir seit Freitagnachmittag um 14.50 Uhr wissen. Denn ein entscheidender Satz in der Pressemitteilung – „Der Vollzug der Transaktion wird für kommende Woche erwartet“ – wurde nie erfüllt. Nicht letzte Woche, nicht diese Woche. Nie. Ismaik bleibt bei 1860. Und löst damit das größtmögliche Beben bei den Löwen aus.

Dieser Club hat es in den vergangenen Jahrzehnten häufig geschafft, an der Grenze zur maximalen Bloßstellung zu kratzen. Mit dieser Nummer wurden nun endgültig alle Peinlichkeits-Rekorde gebrochen. Selbst Kleinkinder im Schulsport wissen, dass erst gefeiert werden sollte, wenn die Ziellinie überquert ist. Bei 1860 jedoch war es wichtig, seinen Fans die frohe Kunde schnellstmöglich zu überbringen. Oh, der Deal ist noch gar nicht in trockenen Tüchern? Uns doch egal! Reisinger habe alle belogen, erklärt Ismaik gegenüber unserer Zeitung. Doch nicht nur der Ex-Präsident muss sich der Verantwortung stellen. Viele andere Funktionäre grinsten ebenfalls fleißig in die Kameras – wohl wissend, dass es noch nichts Unterschriftsreifes zum Grinsen gab. Und jetzt? Tja, liebe Löwen. Jetzt steht der Club wie so oft vor einem Scherbenhaufen. Die Schulden sind – Abrakadabra – wieder da, ehe sie rechtlich überhaupt weg waren. Schuldenaufbau in Rekordzeit – selbst für Sechzig. Ismaik werde auf den neuen Präsidenten zugehen. Es gibt nicht weniger zu bereden als den absoluten Super-GAU. „1860 kann sich eigentlich nur selber schlagen“, lautet die sportliche Meinung zum Aufstiegsfavoriten vor der in zwei Wochen beginnenden Saison. Den ersten Knüppel hat man sich bereits zwischen die Beine geworfen. Und zwar in der Größe eines Baumstamms. MARCO.BLANCOUCLES@MERKURTZ.DE

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