Die unfassbare Parade: Ann-Katrin Berger verhindert im Rückwärtssprung ein deutsches Eigentor und das EM-Aus. © IMAGO
Glatt Rot für Kathrin Hendrich. Schiedsrichterin Tess Olofsson hat keinen Zweifel. © AFP/Bozon
Der rücksichtslose und fatale Griff: Kathrin Hendrich zieht Mbock Bathy (l) an den Haaren und fliegt folgerichtig vom Platz. © Kefalas/dpa
Basel – Kathrin Hendrich schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte immer wieder den Kopf. Fassungslos schlich die Innenverteidigerin vom Platz nach ihrer Roten Karte in der 13. Minute, die allerdings völlig berechtigt war. Die deutsche Fußball-Nationalspielerin hatte Frankreichs Kapitänin Griedge Mbock Bathy am Haarzopf gezogen, der Videobeweis entlarvte die Tätlichkeit. Trotz des Halbfinal-Einzugs könnte die Europameisterschaft für die 33-Jährige vorbei sein.
Die Rote Karte schmerze sehr, sagte Bundestrainer Christian Wück auf der Pressekonferenz nach dem packenden 6:5-Sieg im Elfmeterschießen in Basel, ohne näher auf mögliche Gründe für Hendrichs Aussetzer einzugehen. „Ich möchte mich dazu nicht äußern“, hatte der 52-Jährige zuvor im ZDF gesagt.
„Haare ziehen ist, wie wenn ich jemandem eine scheuern würde“, erklärte Fußballexpertin Kathrin Lehmann im ZDF. „Das ist glatt Rot. Und weil sie im Sechzehner drin war, ist es auch ein Elfmeter.“ Diesen hatte Grace Geyoro zum 1:0 verwandelt, Sjoeke Nüsken glich später per Kopf aus.
Ex-Bundestrainerin Martina-Voss-Tecklenburg teilte Lehmanns Meinung. „Die Regel besagt das so. An den Haaren ziehen, die Intensität, mit Absicht: Rote Karte. Es gibt keine andere Entscheidung“, sagte die 57-Jährige beim Schweizer Sender SRF. Hendrich habe einen „Blackout“ gehabt.
Öffentlich wollte aber niemand aus dem deutschen Team der erfahrenen Hendrich einen Vorwurf machen. „Sie war natürlich entsprechend emotional, aber einfach glücklich, überglücklich und dankbar, dass wir das Spiel gezogen haben“, berichtete Stürmerin Giovanna Hoffmann nach dem Abpfiff. „Ich glaube, für sie war das heute am allerschlimmsten, die ganze Zeit in der Kabine zu sitzen und nur zuschauen zu können.“ DFB-Sportdirektorin Nia Künzer überraschte am Sonntag mit der Erklärung: „Wir möchten auf jeden Fall unterstreichen, dass keine Absicht vorliegt und Kathy beim Versuch, Kontakt aufzunehmen in der Box, durch die Haare streift und dabei hängen geblieben ist.“ Hendrich habe in die andere Richtung geschaut.
Im Halbfinale am Mittwoch (21:00 Uhr) in Zürich gegen Spanien muss Wück neben Hendrich auch auf Mittelfeldspielerin Sjoeke Nüsken (zweite Gelbe Karte) und möglicherweise auf die verletzt ausgewechselte Außenverteidigerin Sarai Linder verzichten. Kapitänin Giulia Gwinn (Innenbandverletzung) fehlt ohnehin.
Dafür ist Gwinns nomineller Ersatz – Rechtsverteidigerin Carlotta Wamser – wieder einsatzfähig. Die 21-Jährige hatte im Schweden-Spiel (1:4) Rot wegen Handspiels auf der Torlinie gesehen und deshalb gegen Frankreich gefehlt.