Rassismus überschattet Halbfinale

von Redaktion

Englands Carter, Verlobte von DFB-Torhüterin Berger, im Netz angefeindet

Jessica Carter ging selbst in die Offensive. © Gollnow/dpa

Englands Carter (re.) ist seit 2024 mit der deutschen Torhüterin Berger verlobt. © Insta

Genf – Der Sturm der Liebe toste lauter als jeder Rassismus. Aus aller Welt bekam Jessica Carter am Montag Herzchen und aufbauende Nachrichten zugeschickt, es waren Abertausende. Ihre Kolleginnen, ihr Verein, der englische Fußball-Verband FA und der britische Premier stellten sich wie eine Wand vor die Nationalspielerin: Stop it! Für Ann-Katrin Berger ist ihre Verlobte sowieso die Größte – die deutsche EM-Heldin nennt sie „meine beste Trophäe“.

Doch die Internet-Unmenschen haben mit ihren Kommentaren erreicht, dass es vor dem Halbfinale gegen Italien am Dienstag (21.00 Uhr/ZDF) in Genf nicht vorrangig um Fußball geht. Dabei gäbe es so viel zu erzählen: Über das irrsinnige Elfmeterdrama der Engländerinnen gegen Schweden. Die singende Italienerin Laura Giuliani. Oder über Englands herausragende Torhüterin Hannah Hampton, die so stark schielt, dass sie sich früher kein Glas Wasser unfallfrei eingießen konnte.

Stattdessen, wie schon mehrfach beim englischen Männer-Team: Rassismus. Carter hatte die Hass-Nachrichten bei Instagram öffentlich gemacht. „Seit Beginn des Turniers habe ich viele rassistische Anfeindungen erlebt“, schrieb die Verteidigerin. „Auch wenn ich finde, dass jeder Fan das Recht auf eine Meinung zu Leistung und Ergebnis hat, halte ich es nicht für richtig oder akzeptabel, jemanden wegen seines Aussehens oder seiner Herkunft ins Visier zu nehmen.“

Ihr Verein Gotham FC meldete sich „mit gebrochenem Herzen und wütend“, FIFA-Präsident Gianni Infantino „zutiefst betrübt“. Die Polizei sei eingeschaltet, wie FA-Boss Mark Bullingham mitteilte: „Wir unterstützen Jess Carter in allem, was sie braucht.“ Dieser Rassismus sei „abstoßend und widerlich“.

Die frühere Weltfußballerin Lucy Bronze berichtete nach einer Teamsitzung am Sonntagabend von einer beängstigenden Entwicklung: „Je größer der Sport wird, desto lauter wird der Lärm, desto mehr Fans gibt es, aber auch desto mehr Kritiker. Die Online-Beschimpfungen scheinen immer schlimmer zu werden.“ Das gesamte Team will deshalb vor dem Anpfiff nicht mehr aufs Knie gehen.

Die Hassnachrichten sollen hier unzitiert bleiben, die Kaltblütigkeit jedoch ist bedrückend. Nur ein Beispiel: Eine junge Frau, offensichtlich aus den Niederlanden, schickte Carter beleidigende Emojis. Einen einzigen Klick entfernt ist sie strahlend an ihrem Uni-Abschlusstag zu sehen. Mit ihrem Klarnamen. SID

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