Bayern am Liverpool-Tropf

von Redaktion

In Hongkong statt in München: Luis Diaz (r.). © IMAGO

München – Sie haben es schon wieder getan. aber diesmal ist die Sache vergleichsweise „billig“. 95 Millionen Euro wird der FC Liverpool dieser Tage an Eintracht Frankfurt überweisen, den Angreifer Hugo Ekitike dafür bekommen – und die in der laufenden Transferperiode investierte Summe damit nebenbei auf mehr als 300 Millionen Euro heraufschrauben. Aber Schluss muss deshalb noch nicht sein. Mehr als ein Monat ist noch Zeit, den perfekten Kader zusammenzustellen, aber schon jetzt blickt die Branche mit einer Mischung aus Erstaunen, Neid und Ungeduld in die Stadt der wohl grenzenlosen Möglichkeiten. Liverpool macht, was es will. Der Rest hängt am Tropf der „Reds“. Allen voran: der FC Bayern.

Natürlich hätte alles anders kommen können, wäre die Sache mit Florian Wirtz anders ausgegangen. Die Münchner hätten ihren Wunschspieler bekommen und sich danach nur noch punktuell verstärken müssen, im Umfeld wäre Ruhe gewesen und einen Prestige-Erfolg über die finanziell weit enteilte Premier League hätte man obendrein gefeiert. Weil Liverpool aber im Schatten der offensiv werbenden Bayern agierte und Trainer Arne Slot Wirtz letztlich „sportlich überzeugte“ (Papa Hans), setzte es die krachende Transfer-Niederlage. Es ist müßig, im komplexen Gebilde der Bayern-Führung nach Schuldigen dafür zu suchen. Aber die Not der Münchner ist in der Branche bekannt. Und wird sich – siehe Stuttgart und Nick Woltemade oder eben Liverpool und Luis Diaz – zunutze gemacht.

Immerhin: Die Bayern haben erst 2,3 Millionen Euro investiert, während andere große Clubs mit dem Geld um sich schmeißen. Es ist aber kein Geheimnis, dass auch die Münchner Macher gerne schon weiter wären in der Kaderplanung. Während sich in Liverpool rund um die Achse aus Virgil van Dijk und Mohamed Salah junge willige Spieler wie Wirtz, Jeremie Frimpong und nun eben Ekitike einfinden, suchen die Bayern händeringend nach einem Flügelspieler. Dass der Blick dabei nach Liverpool geht, ist nur logisch, zwei Angebote (zuletzt über rund 67,5 Mio. Euro) haben die Reds schon abgelehnt. In München bereitet man sich auf eine weitere Offerte vor – und geht mit Blick auf die durchbrochene 300-Millionen-Schallmauer auch endlich von Gesprächsbereitschaft aus.

Diaz würde Liverpool zweifellos fehlen, aber die Freigabe nach dem Hochtreiben des Preises passt in die Transfer-Strategie. Agierten die Engländer im Werben um Wirtz lange enorm diskret, wird nun auffallend viel publik – schaden kann das freilich nicht. Geht Diaz, der schon 28 Jahre alt ist, hat man in Real Madrids Rodrygo, 24, schon den nächsten Star auf dem Zettel. Auch Alexander Isak (25) aus Newcastle wird hoch gehandelt. Frei nach dem Motto „weiter, immer weiter“ – dessen Erfinder Oliver Kahn sich bei „Sky“ wie folgt zur Thematik äußerte: „Wenn man denkt: Okay, jetzt gehe ich zum FC Bayern und werde zum 16., 17., 18. Mal Deutscher Meister – ist das wirklich reizvoll für mich?“ Die Premier League sei „sportlich, wirtschaftlich und medial die attraktivste Liga“. H. RAIF, P. KESSLER, M. BONKE

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