Neulich abends reingeschaut in die WDR-Übertragung von der Universiade – und gleichermaßen begeistert und ein wenig traurig gewesen. Leichtathletik in der Wattenscheider Lohrheide: guter Sport, aber vor leeren Sitzen. Der 10000-Meter-Lauf der Frauen war kein Renner. Vielleicht leidet die gesamte Multisport-Veranstaltung darunter, dass sie verwirrend viele Bezeichnungen hat: Sommer-Universiade, FISU World University Games Summer, Rhine Ruhr 2025 (obwohl auch in Berlin gesportelt wird). Können wir uns auf „Doktor-Spiele“ verständigen?
Wobei: Ist auch nicht ganz richtig, denn teilnahmeberechtigt sind nur Studierende. Wenn sich da also ein Dozent oder gar ein junggebliebener Professor einschleicht, wäre das sozusagen Betrug, quasi Doping. Aber sicher muss vor dem Start eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung vorgelegt werden.
Die Universiade gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Sie ist eine Art Olympia – nur auf anderem Niveau. Kaum vorstellbar, dass es in Mannschafts- oder Kampfsportarten zu billigem Trashtalk kommt. Da muss jede Bemerkung in Richtung des Gegners mit Quellenangabe und Gliederung erfolgen. Einzige denkbare Gemeinheit wäre ein „Dann schau mal, was der Arbeitsmarkt für dich mit deinem Orchideenfach bereithält“, wenn der BWLer sich über den Ägyptologen echauffiert. Nahezu ausgeschlossen sind an den Wettkampforten aber medizinische Notfälle. Beim Hilferuf „Ist hier ein Arzt?“ würden die Arme nach oben schnellen („Angehend“ – „Mit Knochenkolloquium“ – „Im Klinischen Praktikum“).
Dass es bei der Universiade einen Medaillenspiegel nach Nationen gibt, halten wir für falsch. Interessanter wäre eine Erfolgsliste nach Studienfächern. Geistes-, Natur-, Rechts-, Wirtschaftswissenschaften – wer will es mehr? Auch dass Bronze-, Silber- und Goldmedaillen vergeben werden, ist nicht angemessen. Wie wäre es mit Seminarschein, Bachelor, Master? Die große Gefahr, der alle Teilnehmenden ausgesetzt sind, ist das Einhalten des Wettkampfplans. Denn die Startzeiten sind in sine tempore (s.t.) angegeben, vom Hörsaalbetrieb ist man allerdings gewöhnt, dass alles 15 Minuten später beginnt, als es geschrieben steht (cum tempore, c.t., die akademische Viertelstunde).
Bei den Sportarten, die ausgetragen werden, vermissen wir das Reiten, denn so würden sich die World University Games auch Langzeitstudierenden vom 60. Semester an öffnen. Fechten fand zu unserer Verwunderung mit Schutzmasken statt, sodass niemand sich den Schmiss für die schlagende Verbindung holen konnte. Anregen wollen würden wir einen am Studi-Leben orientierten Mehrkampf, eine Art Hindernislauf mit Mensa-Essen, Buchausleihe und WG-Zimmer-Suche.
Bis Sonntag geht die Universiade noch. Dann ist Schlussfeier. Oder Abschlussfeier. Guenter.Klein@ovb.net