Aus Garmisch auf den Olympia-Thron

von Redaktion

Laura Dahlmeier hat in ihrer Biathlon-Karriere alles gewonnen – dann rief die Freiheit

Teamplayer: Dahlmeier mit der Damen-Biathlon-Mannschaft in der Vorbereitung. © Instagram

Zweimal Gold, einmal Bronze: Olympia in Sotschi war ein Erfolg. © IMAGO/Hoermann

Historisch: 2017 holte sie bei der WM fünfmal Gold und einmal Silber. Zudem den Gesamtweltcup. © Imago/Simon

2019: Laura Dahlmeier feierte in Antholz im Massenstart ihren letzten Weltcupsieg. © Imago/Einecke

Der Spaß blieb nie auf der Strecke. © Instagram

Mit 7 Jahren bekam sie die ersten Langlaufski.

München/Garmisch-Partenkirchen – Als das deutsche Frauen-Biathlon in Schwierigkeiten geriet, war Laura Dahlmeier plötzlich da. Die 31-Jährige schlüpfte schneller als erwartet und erhofft in die Lücke, die ihre Vorgängerin Magdalena Neuner mit ihrem frühen Rücktritt hinterließ. Ein erstes Ausrufezeichen setzte die Ausnahmeathletin 2013 bei den Weltmeisterschaften. Dekoriert als dreifache Junioren-Weltmeisterin, wurde die Nachwuchshoffnung in der Staffel eingesetzt. Dahlmeier absolvierte ihre Runde ohne Schießfehler und mit der drittbesten Laufzeit – der Weg in die Weltspitze war vorgezeichnet.

Begonnen hat alles aber viel früher, in ihrem Kinderzimmer. Immer schon ehrgeizig, absolvierte sie als 14-Jährige stundenlang „Trockenschießtraining“ mit dem Gewehr auf ein an der Wand hängendes Ziel. „Ich habe selten eine Biathletin erlebt, die mit der Waffe so akribisch arbeitet. Auch außerhalb des normalen Trainings“, sagte ihr Entdecker und Jugendtrainer Bernhard Kröll einst unserer Zeitung.

Ambitionen hatte Dahlmeier schon als Siebenjährige. „Olympiasiegerin – oder Hüttenwirtin“, beschrieb sie damals ihre Ziele für die Zukunft in einem Freundebuch. Im selben Jahr bekommt sie zu Weihnachten ihr ersten Langlaufski. Dahlmeiers Kommentar: „Die waren nicht auf meinem Wunschzettel. Da muss sich das Christkindl verflogen haben.“

Den ersten WM-Titel gewann sie 2015 mit der deutschen Staffel im finnischen Kontiolahti, sechs weitere Goldmedaillen sollten folgen. Bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang sicherte sie sich im Sprint und der Verfolgung Gold, dazu gewann sie im Einzel Bronze.

Ihr Zweitleben in den Bergen und die damit verbundenen Gefahren spielte schon damals in Südkorea eine große Rolle. Ein guter Freund von ihr kam kurz zuvor beim Eisklettern in Südtirol durch eine Lawine ums Leben. Dahlmeier erwog, die Spiele abzusagen, entschied sich dann aber doch dagegen.

In ihrer besten Saison 2016/17 holte die Bayerin neben fünf WM-Goldmedaillen die große Kristallkugel für den Gesamtweltcup sowie die kleinen Kristallkugeln im Einzel und der Verfolgung. Als Belohnung wurde sie für das Jahr 2017 zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt.

Am 17. Mai 2019 erklärte sie überraschend früh ihr Karriereende. Zuvor hatte sie in ihrer finalen Saison wegen vieler Krankheiten zahlreiche Rennen verpasst. Beweisen musste sie niemand mehr etwas. Dahlmeier hatte alles gewonnen, wollte lieber ein Leben ohne Zwänge und Erwartungsdruck: „Ich finde es total langweilig und schrecklich, drinnen gefangen zu sein. Das Freiheitsgefühl draußen in den Bergen wiederum ist einzigartig!“, hatte Dahlmeier alps-magazine.de gesagt.

Wer Dahlmeier während ihrer aktiven Zeit begleitete, erlebte eine stets höfliche, aber mit den Jahren auch immer zugeknöpftere Athletin. Termine mit Medien waren für sie eine Pflicht, aber sicher keine Freude. Umso erstaunlicher, dass sie später den Job als TV-Expertin im ZDF antrat.

Ein fester Job beim Deutschen Skiverband kam dabei aber nie infrage, auch wenn die herausragende und nervenstarke Schützin eine Trainerlizenz besaß. Auch ein Comeback im Weltcup war nie ein Thema. „Mir geht es gut, eine Sehnsucht nach Leistungssport gibt es nicht“, sagte Dahlmeier Jahre nach dem Rücktritt.

Stattdessen schrieb sie ihr Buch, schloss ein Sport-Studium an der TU München ab. Sie engagierte sich für den Umweltschutz und Nachhaltigkeit, verurteilte den Massentourismus am Mount Everest. 2023 radelte sie alleine 500 Kilometer am Stück, später lief sie 100 Kilometer am Stück. Sie startete bei der Berglauf-WM, absolvierte Skitourenrennen.

Kurzum: Sie machte sich auf in die Freiheit – immer eine bayerische Weisheit im Gepäck, die selbst oft zitierte: „Scheiß da nix, dann feit da nix!“ Nun ist sie in den Bergen geblieben – und sie fehlt schon jetzt.MATHIAS MÜLLER, KLAUS HEYDENREICH

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