Björn Werner © IMAGO
Gerald Meier © Imago
Sportlich läuft es bei den Munich Cowboys. © IMAGO
München – 25 Grad und Sonnenschein. Das Wetter spielt mit, als die Munich Ravens am 4. Juni 2023 die erste Partie ihrer Franchisehistorie bestreiten. Mit dabei bei der 38:59-Niederlage gegen Tirol: Patrick Esume. Die TV-Berühmtheit hatte 2020 European League of Football (ELF) ins Leben gerufen und lässt es sich nicht nehmen, den neuen Standort München mit einzuweihen. „Seit Beginn unserer Planungen war München ein Wunschstandort, umso glücklicher sind wir, dass es jetzt losgeht“, so der „Coach“.
Sprung in den Juli 2025: In der Zwischenzeit haben sich die Sonne vom Himmel, die Ravens von Niederlagen und Esume sowie die gesamte sportliche Führung von der ELF verabschiedet. „Unüberbrückbare Differenzen bzgl. der Führung und finanziellen Gestaltung der ELF mit deren Geschäftsführer Zeljko Karajica“ seien der Grund für sein Ausscheiden. Die Liga steht vor dem Kollaps und dem deutschen Football vielleicht einmal mehr eine Zeitenwende bevor. Denn auch die German Football League (GFL) – seit dem Start regelmäßig im Clinch mit dem europäischen Konkurrenten – hat Reformen verkündet. Doch was bedeutet all das für die Münchner Teams?
Rund um das Dantestadion nimmt man das Chaos entspannt, aber wachsam zur Kenntnis. Im Hawaiihemd und mit Mikro in der Hand steht Gerald Meier – Sportdirektor der Munich Cowboys – beim Heimspiel gegen Straubing auf der Tribüne. Neben seinen sportlichen und organisatorischen Aufgaben ist er mittlerweile auch Stadionsprecher beim Traditionsteam. „Man muss anerkennen, dass die ELF viel im Football bewegt und einiges für den Sport getan hat. Mit dem jetzigen Resultat ist aber ein riesiger Schaden entstanden, denn bei Fans, Medien und Sponsoren entsteht der Eindruck, dass Football kein stabiles Umfeld ist“, bewertet Meier die Situation.
Chaos hin oder her, gefragt ist der Sport auch außerhalb des NFL-Spektakels weiterhin. Das zeigt die Stimmung bei den Cowboys: Familien, Dauerkarteninhaber und Teenager – das Publikum ist divers und hat Spaß am Spieltag. Diesen versuchen Meier und sein Team durch neue Ideen wie das beeindruckende US-Car-Treffen gegen Straubing weiter aufzuwerten. Auch sportlich läuft es gut. Nach zwei schwierigen Jahren machen sich die jungen Cowboys mit vielen Eigengewächsen – genauso wie die Ravens – große Hoffnungen, in den Playoffs weit zu kommen.
Sportdirektor Meier sieht sich, ob der ELF-Probleme bestätigt, was das Vorgehen der Cowboys angeht. „Der schnelle Erfolg der Liga ist bewundernswert, aber was bringt das, wenn jetzt alles wieder zusammenbricht? Das Besondere an den Cowboys ist, dass wir auf Kontinuität setzen. Wir wollen nicht immer schneller, höher, weiter, sondern Talente ausbilden und den Verein langfristig entwickeln“, erklärt er. Im Zuge der GFL-Reform wird die Liga über die nächsten drei Saisons von 16 auf zwölf Teams reduziert, um das sportliche und infrastrukturelle Niveau zu verbessern. Eine Entscheidung, die viele Herausforderungen (Stadion, Finanzierung etc.) und ein enormes Risiko (mehr Absteiger) mit sich bringt, aber trotzdem von den Teams einstimmig beschlossen wurde. „Der Zweck heiligt die Mittel“, so Meier.
Bei den Ravens, weiß man derweil gar nicht, wie viele Teams 2026 noch in der ELF antreten werden. Neun Franchises (nicht die Münchner) haben sich zu einer Interessensvereinigung zusammengeschlossen und drohen mit dem Austritt. Und so regiert in Unterhaching trotz Siegesserie und ordentlichem Fanzuspruch die Unsicherheit. Wie dramatisch die Lage ist, verdeutlicht das Instagram-Statement von Esume-Kumpel Björn Werner, der laut eigener Aussage als Eigentümer der Berlin Thunder über 500 000€ durch die ELF verlor: „Manchmal wünsche ich, man könnte einfach die ganze Wahrheit sagen. Aber wenn du in der Öffentlichkeit stehst, weißt du auch: Jede Bombe, die du platzen lässt, trifft nicht nur die, die’s verdient hätten, sondern auch viele, die einfach nur Zeit, Geld und Herz investiert haben.“MM