KOMMENTAR

Schwimm-WM: Die Probleme sind selbst eingebrockt

von Redaktion

Lukas Märtens hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt – Europameister, Olympiasieger, Weltrekordler, jetzt auch Weltmeister. Einen solchen deutschen Schwimmstar gab es seit Michael Groß vor fast 40 Jahren nicht mehr.

Anna Elendt siedelt nach Amerika über, verzweifelt an dem doppelten Druck im Studium und College-Sport, denkt ans Aufhören, macht doch weiter – und ist plötzlich sensationell Weltmeisterin. Auch sie hat mit ihrer emotionalen, offenen Art, ihrem Sinn für Humor und Selbstironie das Zeug zu einem Star. Sven Schwarz schwimmt jahrelang im Schatten der „großen Jungs“, von Märtens und Florian Wellbrock, verpasst Olympia 2021 wegen Corona – und ist jetzt schneller als die beiden. Ein Vorzeigeathlet, der nie meckert, immer ans Team denkt.

Und auch Angelina Köhler, die zwar in Singapur ihren WM-Titel aus dem Vorjahr verloren hat, bringt Farbe in den jahrzehntelang so grauen deutschen Schwimmsport. Sie redet offen über ihre ADHS-Diagnose, hält mit ihrer Meinung auch bei sensiblen Themen nicht hinter dem Berg.

Das deutsche Schwimmen hat wieder Typen, die nicht nur erfolgreich, sondern auch sympathisch und interessant sind. Die Zeiten, in denen ein einziger Athlet die ganze Sportart aus der Krise ziehen musste, sind vorbei. Und derjenige, nämlich Florian Wellbrock, hat sich eindrucksvoll als Vierfachsieger im Freiwasser zurückgemeldet und ist inzwischen mit zehn WM-Goldmedaillen auf dem Weg zum deutschen Rekordweltmeister.

Für das Fernsehen zu uninteressant

Natürlich ist Deutschland damit noch lange nicht wieder eine Schwimmsportnation wie zu Zeiten von Michael Groß oder Franziska van Almsick. Das liegt aber auch an der öffentlichen Wahrnehmung. Die WM findet seit Jahren nur noch in Asien statt, im Fernsehen gibt es nur kurze Ausschnitte, wenn überhaupt. Nur online im Stream ist die komplette Übertragung zu sehen.

Das hat der Sport sich zum Großteil auch selbst eingebrockt. Weil den Weltverband und seine Vermarkter ein Markt wie Deutschland offenbar nicht interessiert. Und weil die deutschen Schwimmer seit den Hochzeiten von Paul Biedermann und Britta Steffen lange regelrecht untertauchten. Der Trend hat sich gedreht. Die Chance, wieder ins Rampenlicht zu rücken, ist da. Sie zu nutzen, erfordert mehr als gute Ergebnisse.

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