Seit 2024 DFB-Stammkraft: Ann-Katrin Berger. © dpa
New York – Die Hamptons an der Ostspitze von Long Island sind ein beliebtes Erholungsziel für viele New Yorker. Hier hat auch Ann-Katrin Berger versucht, am Wochenende mal abzuschalten, nachdem es für die deutsche Nationaltorhüterin nach dem EM-Aus kaum Zeit zum Verschnaufen gab. Zuerst schaute sich die 34-Jährige fast unerkannt in Basel noch das EM-Finale im Kreise der Familie ihrer englischen Lebensgefährtin Jess Carter an, die bei der Titelverteidigung gegen Spanien eine starke Leistung bot. Dann ging es zurück in die USA, wo Berger bereits am Freitag wieder für Gotham FC im Einsatz war. Die zweite Saisonhälfte der National Women’s Super League (NWSL) ging für ihren Club mit einem Auswärtsspiel bei den Chicago Red Stars (1:1) weiter. Danach hat sie bei einer Schalte ins ZDF-Sportstudio offen gelassen, ob sie auf dem Höhepunkt ihrer Bekanntheit und Beliebtheit im Nationalteam weiterspielt.
„Ich habe mir noch gar keine Gedanken gemacht.“ Es sei ein längerer Prozess, „sich zu sammeln und die Emotionen des Turniers hinter sich zu lassen“. Dann werde man sehen, was sie mache. Meistens entscheide sie so etwas spontan, ergänzte die 27-fache Nationaltorhüterin, die erst zu den Olympischen Spielen 2024 zur Stammkraft aufstieg. Ohne sie hätten die deutschen Fußballerinnen weder Bronze in Paris gewonnen noch bei der EM in der Schweiz das Halbfinale erreicht. Der entscheidende Fehler in der Verlängerung gegen Spanien habe sie noch länger beschäftigt: „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass der Gedanke an das Tor am nächsten Tag wieder weg war.“ Sie habe versucht, auf dem Rückflug in die USA einen Haken daran zu machen, was nach ihrer emotionalen Achterbahnfahrt bei diesem Turnier aber nicht so leicht sein dürfte.
„Das ständige Hin- und Herfliegen“ inklusive Zeitverschiebung und Jetlag sind für Berger ein Grund, die DFB-Karriere auf den Prüfstand zu stellen. „Ich muss da auch selbstkritisch mit mir sein, weil auf so einem hohen Niveau zu spielen, bedeutet schon viel, viel Kraftaufwand“. Sie werde die Entscheidung mit Blickrichtung auf die WM 2027 in Brasilien treffen, weil Bundestrainer Christian Wück vielleicht ja auch eine Verjüngung bei den Torhüterinnen wolle. Gleichwohl weiß Wück, dass der charakterstarke Anker zwischen den Pfosten aktuell eigentlich unverzichtbar ist.
Im Viertelfinale gegen Frankreich hatte Deutschlands Nummer eins eine Parade für die Ewigkeit hingelegt – die spektakuläre Tat avancierte zum Social-Media Renner mit mehr als 20 Millionen Abrufen allein bei TikTok. Ob Berger nun beim Nations-League-Halbfinale wieder gegen die Französinnen am 24. und 28. Oktober aufläuft, darüber werde sie auch mit ihrem Großvater Herbert reden: „Ich werde ihn um Rat bitten, damit er mir vielleicht ein paar gute Gründe geben kann, ob ich weitermachen soll oder auch nicht.“ Die von zwei Krebsbehandlungen geheilte Persönlichkeit erwähnte zudem, dass „unfassbar viele gute junge Torhüterinnen“ nachkommen würden. FRANK HELLMANN