Meister mit Salzburg: Oliver David im April 2025. © IMAGO
Designelemente für Don Jacksons Haus: Oliver David. © IMAGO
München – Diese Woche startet der EHC Red Bull München offiziell ins Eistraining. Nach einer enttäuschenden Saison, die im Playoff-Viertelfinale früh endete und in der drei Trainer (Toni Söderholm, Max Kaltenhauser und Altmeister Don Jackson) zugange waren, markiert der EHC auf der Position des Head Coach einen Neuanfang. Der 47-ährige Oliver David kommt vom Schwesterclub Salzburg, mit dem er zuletzt die multinationale ICE Hockey League gewann. Die meiste Zeit seiner Karriere als Trainer verbrachte er im US-Juniorenbereich, 2021 trat er beim EHC Biel-Bienne in der Schweiz die erste Stelle in Europa an, er war Assistenz-Coach. Zum Interview mit unserer Zeitung kommt Oliver David mit einem „Servus“ auf den Lippen, am Ende sagt er „Habe die Ehre“. Sein Status, was Deutsch betrifft: „Ich würde nicht sagen, dass ich es spreche, aber ich verstehe genug. Ich lerne. Nicht organisiert, aber durch Konversation im Alltag.“
Oliver, die meisten DEL-Clubs verkünden Anfang August: „The boys are back in town.“ Heißt: Die Spieler trudeln in der Stadt ein. In München ist das anders. Es waren in diesem Sommer sogar einige der Importspieler wie Les Lancaster vor Ort. Das ist neu.
Auch für mich. Es ist mein erstes Team, ob bei den Junioren oder im Profi-Eishockey, bei dem die Importspieler den Sommer über bleiben wollten. Sie waren dazu ja nicht verpflichtet. Ich lese es so: Das sind smarte persönliche Entscheidungen. Zum Beispiel Will Butcher und Brady Ferguson: Sie sind junge Familienväter und kamen im Juni, um sich zu akklimatisieren und etwa Kindergarten-Plätze zu organisieren. Das ergab in ihrer jeweiligen Familiensituation einfach Sinn. Wir haben es genauso gemacht. Wir blieben in Salzburg, bis die Schule vorbei war und kamen so früh wie möglich nach München. In den USA waren wir nur für sieben Tage.
Auch die deutschen Spieler sollen sich verstärkt im SAP Garden aufgehalten haben und aufs Eis gegangen sein, das es den ganzen Sommer über gab.
Das war außergewöhnlich. Aber warum sollte man die Möglichkeiten hier nicht nutzen, sich irgendwo anders in Europa ein Gym und eine Eisfläche zu suchen? Ich war in der Champions League in Schweden, Finnland, der Schweiz unterwegs, kenne die Arenen und kann sagen: Wir haben definitiv eine der besten in Europa..
Geht es heute überhaupt noch ohne Sommereis? Vor zwei Wochen haben die Superstars Leon Draisaitl und Connor McDavid sogar in der „Beer League“ in Ontario gespielt.
Letzten Sommer waren Connor McDavid, Auston Matthews und Jack Eichel hier in München. Sie haben Urlaub gemacht, europäische Städte besucht, aber hatten ihre Eishockey-Ausrüstung dabei. Wir hatten schon vor vielen Jahren, da war ich Nachwuchstrainer in Los Angeles, die Diskussion, ob man sich mit Eishockey zwölf Monate im Jahr beschäftigen sollte. Wayne Gretzky hat immer gesagt: ,Hier ist mein Lacrosse-Schläger, mein Baseball-Schläger, den Eishockey-Schläger fasse ich wieder an, wenn es soweit ist.‘ Aber wir erleben eine Professionalisierung in allen Sportarten. Man kann das entscheiden, wie McDavid und die anderen es tun: Nutze ich diese Monate, um an den Skills zu arbeiten, für die ich während der Saison keine Zeit habe? Sie investieren ihr Geld in ein Team um sich herum wie ein Tennisspieler.
Wird aus den Münchner Sommermöglichkeiten ein konkreter Wettbewerbsvorteil entstehen?
Was ich in sechs Wochen täglicher Arbeit in München schon gemerkt habe: Die Energie ist sehr gut, es ist positiv und produktiv, was wir machen, es entstehen Vibes, es fühlt sich anders an, als würden alle erste zwei Tage vor dem ersten Training zusammenkommen. Diese Energie könnte zu etwas führen, Aufgabe der Coaches ist es, das Gefühl, dass man gerne zur Arbeit kommt, zehn Monate aufrechtzuerhalten. Überträgt sich das in Siege? Ich hoffe es.
Haben Sie in Salzburg die DEL schon verfolgt?
Ja, seit ich in die Schweiz kam. Ich kenne einige Coaches der DEL, ihren Stil und etliche Spieler. In der USHL hatte ich Spieler, die damals 20 waren und jetzt 30 und in der DEL sind.
Sie kommen als junger Head Coach in eine Liga mit viel Erfahrung, und der Anspruch der Organisation ist es, Meister zu werden. Das schafft mächtig Druck.
Ehrlich: Ich spüre das. An schlechten Tagen spürt man diese Last, an guten nimmt man wahr, dass es ein Privileg ist, in einer Organisation zu arbeiten, die darauf aus ist, in allem, was sie macht, die Nummer eins zu sein. In Salzburg war es so – und zwischen Österreich und Deutschland ist der Unterschied gewaltig, was ich in meiner nordamerikanischen Ignoranz zunächst gar nicht wahrnehmen wollte. Deutschland hat zehnmal so viele Einwohner, auch das Eishockey ist zehnmal größer. Andererseits: Druck ist Druck für einen Coach, ob in der Juniorenliga oder der NHL. Überall. Ich hatte auch einen flauen Magen, als ich Zwölfjährige coachte. Die Red-Bull-Familie und die Mittel, die sie bereitstellt, überwiegen aber. Ich kenne nicht viele Trainer, die nicht gerne in der Position wären, zu gewinnen.
Ungewöhnlich: München startet mit zehn Import-Lizenzen. Und es dürfen ja immer nur neun Nicht-Deutsche spielen.
Das ist einfach so geschehen. Es war keine große strategische Diskussion. Es wird harte Entscheidungen geben, aber ich hatte heute schon zehn harte Entscheidungen, und niemand hat zugesehen. Es ist klar, dass wir in Mathias Niederberger einen Starting Goalie haben. Es gibt für jeden Spieler ein Best- und ein Worst-Case-Szenario, und wir müssen Raum für die schlechtesten Fälle haben.
Ist Don Jackson noch nah am Team?
Seit ich hier in München bin, war er noch nicht da. In Salzburg haben wir uns jeweils vor der Saison getroffen in meinen zwei Jahren, das war cool. Jürgen Klopp spricht im Fußball über Ralf Rangnick genauso: Don hat bei Red Bull ein Fundament gelegt und eine Identität etabliert. In Salzburg habe ich früh die Entscheidung getroffen, das aufzugreifen. Das Haus stand, ich habe überlegt. was können wir an Design dazufügen. Don ist in einer Consulting-Position und nur einen Anruf entfernt.
Was Sie von ihm unterscheidet: Sie haben Tattoos.
Als junger Typ in Los Angeles war es Teil der Kultur, Tattoos zu haben. Aber als ich hierher kam, war ich etwas unsicher. Werde ich als 47-Jähriger beurteilt nach Tattoos, die ich mir als 18-jähriger Surfer habe stechen lassen? Die Geschichte der Tattoos ist verbunden mit Seefahrern oder den Hell‘s Angels. Aber in der Kabine, in der alle jünger sind, bin ich der mit den wenigsten Tattoos. Heute ist das Mainstream.
INTERVIEW: GÜNTER KLEIN