Es kommt hierzulande noch selten vor, dass ein Fußballspieler mit gerade mal 16 Jahren schon im deutschen Lizenzfußball zum Einsatz kommt. Erst vor zwei Wochen hat Kennet Eichhorn Geburtstag gefeiert.
Der DFB-Nachwuchschef Hannes Wolf hat viele geheimnisvolle Dateien auf seinem Rechner gespeichert und deshalb einen guten Überblick. Eine Zahlenreihe sagt ihm, dass die Spielminuten von deutschen U 21-Talenten in der zweiten Liga sich in der vergangenen Saison verdoppelt haben: von rund 30000 auf mehr als 60000 Minuten. Wolf findet das zwar „super“, will den Talentanteil aber weiter steigern. Denn auch das sagt ihm die sorgsam gepflegte Auflistung im Laptop: Noch sind Länder wie England, Spanien, Portugal und Frankreich Deutschland ein Stück voraus. Gleichwohl: Die Top-Sechs der jüngsten Erstligaspieler hierzulande – Leute wie Paul Wanner und Tom Bischof – haben allesamt ihr Debüt in den letzten fünf Jahren erlebt, obwohl es die Bundesliga schon seit mehr als 60 Jahren gibt. Wahr ist aber auch: Im Spieljahr 2023/24 hat allein der FC Barcelona mehr 18-Jährige eingesetzt als die gesamte deutsche erste Liga. Das berühmteste Toptalent hört auf den Namen Lamine Yamal, übrigens weltweit der erste U 19-Spieler, der die 100-Millionenmarke beim Marktwert geknackt hat.
Yamal war bei seinem Profidebüt 15 Jahre, neun Monate und 16 Tage alt, der Italiener Francesco Camarda im November 2023 mit 15 Jahren, acht Monaten und 15 Tagen sogar noch jünger. Ayyoub Bouaddi, ein nicht nur als Fußballspieler hochbegabter Franzose, debütierte im Oktober 2023 im Alter von 16 Jahren und ein drei Tagen schon in der Conference League. Eintracht Frankfurt brachte neulich in einem Testspiel der Profis Niko Ilicevic. Mit 14.
Die Tendenz zu frühreifen Fußballprofis ist also unübersehbar. Hat das damit zu tun, dass Trainer inzwischen mehr Mut entwickelt haben, den Talenten Vertrauen zu schenken? Fachmann Wolf glaubt das nicht: „Wenn ein 28-Jähriger besser ist als ein 19-Jähriger, wird der 28-Jährige spielen.“
Die Vermutung liegt deshalb nah: Die Ausbildung in vielen Klubs hat sich derart verbessert, dass Talente früher „fertig“ sind. Was unter anderem am viel ausgeprägteren Krafttraining liegen dürfte, aber auch an intensiverer Ballschule, gestützt von wissenschaftlicher, personeller und finanzieller Ausstattung der Nachwuchsleistungszentren.