ZUM TAGE

Erwartungen, die nicht zu erfüllen sind

von Redaktion

Trainer Miroslav Klose

In der Amazon-Dokumentation über den FC Bayern und das Jahr, in dem er alle Titel gewann, gibt es eine wirklich schöne Inside-Szene aus der Kabine: Miroslav Klose, der Co-Trainer, wie er dem blutjungen Jamal Musiala unter Einsatz einer Tafel und seines Körpers erklärt, wie er sich in dieser oder jenen Situation zu verhalten habe. Man kann sich gut vorstellen, dass Klose erheblichen Anteil an der Entwicklung Musialas hat(te).

Miroslav Klose versteht unglaublich viel vom Fußball. Tiefe Einsicht in die Struktur des Spiels hatte er schon in der Phase seines fußballerischen Wirkens, als man noch nicht von einer Karriere sprechen konnte, weil seine Mannschaften erst Blaubach-Diedelkopf und dann die Zweite des 1. FC Kaiserslautern waren. Die frühe Denke von einem, der sich für das Spiel verantwortlich fühlte, als wäre er der Trainer, kann man Ronald Rengs fabelhafter Biografie „Miro“ entnehmen. Wer sie liest, weiß, dass Klose nicht anders kann, als im Fußball zu bleiben. Und er geht das im Grunde richtig, da planvoll an: Hospitanzen, Arbeit erst im Nachwuchs, dann an der Seite erfahrenerer Trainer, schließlich Chef, aber nicht gleich dort, wo der Erfolgsdruck nicht auszuhalten ist. Doch beim SCR Altach in Österreich, den er mit Bedacht ausgewählt hat, hat Miroslav Klose nicht mal eine Saison überstanden – und beim deutschen Zweitligisten 1. FC Nürnberg wird es zu Beginn des zweiten Jahres prekär: Noch kein Punkt aus zwei Spielen, Pokal-Aus gegen den Regionalligisten Illertissen.

Dabei hat Miroslav Klose als Trainer in Nürnberg durchaus Erfolge erzielt: Unter seiner Anleitung wurden junge Spieler besser. Der Club konnte Finn Jeltsch an den VfB Stuttgart verkaufen und Stefanos Tzimas (für 26,5 Millionen Euro) an Brighton & Hove. Caspar Jander, der aktuelle Anker im Nürnberger Spiel, soll in dieser Transferperiode ebenfalls noch zu Geld gemacht werden. In Nürnberg kann Klose die Entwicklung einzelner Spieler vorantreiben, aber nicht die der Mannschaft.

Das liegt am Status des Vereins, der aus seiner Rolle als Verkäufer nicht mehr herauskommt. Vielleicht liegt es aber auch an Miroslav Klose, der nicht das alphamännchenartige Auftreten der meisten seiner Berufskollegen hat. Er war nie einer, der laut führte, sondern still beitrug. Deswegen wünscht ihm auch im schadenfreudigen Deutschland niemand ein Scheitern.

Miroslav Klose ist der einzige Fußballer auf der Welt, der vier WM-Turniere gespielt hat und bei jedem großartig gewesen ist. Der Rekordtorschütze, ein Phänomen. Seine Spieler-Geschichte weckt Erwartungen, die er als Trainer nicht erfüllen kann.

Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11