Auf Abwegen: Djokovic beim Baseball-Spiel der New York Yankees gegen die Boston Red Sox. © IMAGO
New York – Für Novak Djokovic schlüpfte selbst die Weltranglisten-Erste Aryna Sabalenka gern spaßeshalber in die Rolle des Ballmädchens. Als der serbische Tennisstar für die US Open und die Jagd nach seinem nächsten Meilenstein in seiner schillernden Karriere trainierte, imitierte die Belarussin witzelnd typische Aufgaben. Sie hob die Arme mit Bällen in den Händen, um zu signalisieren, bereit zu sein, Djokovic einen Ball zuzuwerfen und kniete sich an den Netzpfosten.
Jetzt wird es ernsthafter. Doch Djokovic scheint vor dem Auftakt des letzten Grand-Slam-Turniers des Jahres entspannt. Auch beim Baseball schaute der 38-Jährige mal eben vorbei. Und doch: Wieder einmal schwingt die Frage mit, ob es seine letzte Dienstreise als Tennisprofi an eine der vier wichtigsten Spielstätten seiner Sportart werden könnte. Roger Federer (44) ist längst im Tennis-Ruhestand, auch Rafael Nadal (39) genießt mittlerweile nach dem Karriereende das Leben abseits der sportlichen Schauplätze. Nur Djokovic rennt als letzter verbliebener der „Großen Drei“ noch einem seiner Träume hinterher.
Der 25. Grand-Slam-Titel lautet sein Ziel, dann wäre er alleiniger Rekordhalter vor der Australierin Margaret Court. „Die Frage ist, wie realistisch ist es, dass er jetzt noch mal einen Grand Slam gewinnt? Weil die Zeit läuft gegen ihn“, sagte auch Tennisikone Boris Becker, einst Erfolgstrainer von Djokovic, in seinem Podcast mit Andrea Petkovic
Jannik Sinner und Carlos Alcaraz haben Djokovic als Topfavoriten den Rang abgelaufen. Vor zwei Jahren schrieb sich der Serbe in New York mit Grand-Slam-Titel Nummer 24 in die Tennis-Geschichte ein. Seitdem kam für ihn kein Triumph mehr hinzu, die Sieger bei den vier größten Turniere hießen seitdem nur noch Sinner oder Alcaraz. Bei jedem Grand-Slam-Turnier dieser Saison erreichte Djokovic zwar das Halbfinale, dann war aber Schluss. „Dann muss ich gegen Sinner oder Alcaraz spielen. Diese Jungs sind fit und jung“, sagte der 38-Jährige. „Für mich fühlt es sich so an, dass ich in diese Matches mit halbleerem Tank gehe.“
In Wimbledon hatte er für sich die größten Chancen auf den historischen Eintrag gesehen. Doch er blieb, beeinträchtigt von einer Oberschenkelblessur, in der Vorschlussrunde gegen den italienischen Weltranglisten-Ersten und späteren Champion Sinner chancenlos. Als Pech wollte er dies nicht verstanden wissen. Es sei „einfach das Alter, der Verschleiß“.
Kein Match hat Djokovic nun seit dem Wimbledon-Aus mehr bestritten. Nur auf einen Kurzeinsatz im Mixed-Wettbewerb in Flushing Meadows verzichtete er nicht, schied aber mit Landsfrau Olga Danilovic in Runde eins aus. Der Weg zum angestrebten Titel im Einzel beginnt mit einem Generationenduell gegen den 19-jährigen US-Boy Learner Tien. Im Halbfinale träfe er wohl auf Alcaraz.
Klappt es für Djokovic diesmal wieder nicht, ist die nächste Saison für ihn ohne den ersehnten Triumph vergangen. Wie lange das gut geht? „Ich wünsche, dass er weiter spielt, weil die Jungen brauchen ihn als Vorbild, auch Sinner und Alcaraz brauchen ihn, damit sie sehen, dass da noch einer war, der deutlich besser war als die beide“, sagte Boris Becker. „Aber langt ihm diese Rolle? Ich habe die Antwort noch nicht gefunden.“
Immerhin: Nach dem Wimbledon-Aus hatte Djokovic gesagt, einen weiteren Anlauf beim Rasenklassiker unternehmen zu wollen – auch mit 39.DPA