Manche Fußballer bekommen die größte Aufmerksamkeit, wenn sie fehlen. Das begleitet vor allem die Karriere von Leroy Sané. Erinnern wir uns an 2018, als Joachim Löw, der damalige Bundestrainer, Sané im WM-Trainingslager in Südtirol als Streichkandidaten für das Turnier in Russland auswies. Tumultartige Szenen, als Jogi das Pressezelt verließ und ihm ein ganzer Schweif an Berichterstattenden folgte, um ihm eine Erklärung abzuringen. Und nun 2025 bei Bekanntgabe des ersten Kaders für die WM-2026-Qualifikation: Julian Nagelsmann spricht über die drei Neulinge im Aufgebot – erste Nachfrage dazu: Warum ist Leroy Sané nicht unter den 23 Auserwählten für die Partien in der Slowakei und gegen Nordirland.
Umgekehrt hat noch niemand im Nachgang von Turnieren gefragt: Warum war Leroy Sané eigentlich dabei, womit hat er seine Berufung gerechtfertigt? EM 2016, EM 2020/21, WM 2022, EM 2024. Immer wurde auf den Durchbruch des Offensivspielers gewartet – nie fand er statt. Leroy Sané ist ein ewiges Versprechen. Er hat noch kein einziges EM- oder WM-Tor geschossen – bei wahrlich genügend Möglichkeiten.
Julian Nagelsmann analysiert die Lage klar und einfach verständlich: Leroy Sanés Fußballalltag spielt sich in einer Liga ab, die zwar prominent besetzt ist und mit ihrer besonderen Atmosphäre punktet, aber – siehe die europäischen Wettbewerbe – nicht mithalten kann mit England, Spanien, Italien, Frankreich, der Bundesliga. Die Währung für eine Offensivkraft sind Tore und Vorlagen – und ohne einen herausragenden Leistungsnachweis kann es keinen Weg zurück in die Nationalmannschaft geben. Dass die Fans in der Türkei ihn verehren, feiern, wenn er das Feld betritt – das ist kein Kriterium.
Mit dem Wechsel in die Türkei ist Leroy Sané den bequemen Weg gegangen. Vor einem Jahr wirkte er, was seine Ambitionen betrifft, noch entschlossener. Zur EM 2024 schleppte er sich mit einer Schambeinentzündung, nahm Schmerzen in Kauf und den Konflikt mit dem FC Bayern (dem eine schnelle Operation lieber gewesen wäre), um das Turnier zuhause mitzuerleben. Es wurde eine weitere Enttäuschung. Vielleicht war es schon die abschließende. Guenter.Klein@ovb.net