Interview

„Ich spreche oft über Brüderlichkeit“

von Redaktion

Coach Ellison über das Erfolgsrezept der Munich Ravens

In Kendral Ellisons Kopf dreht sich die meiste Zeit alles um Football. © Lewin Weinberger

München – Kendral Ellison hat die Munich Ravens in seinem zweiten Jahr als Headcoach zum Divisionssieg und somit zum ersten Playoff-Heimspiel in der European League of Football (ELF) geführt. Am Sonntag empfängt die bayrische Franchise im Sportpark Unterhaching (15 Uhr, ProSieben) Stuttgart Surge zum Playoff-Halbfinale. Ausgerechnet jenes Team, das den Ravens 2025 ihre bisher einzige Saisonniederlage bescherte. Im Gespräch mit unserer Zeitung verrät der ehemalige Linebacker, der seinen Vertrag in München vor kurzem um zwei weitere Jahre verlängert hat, wie er das Team auf Erfolgskurs gebracht hat.

Mit einer Bilanz von 11:1 Siegen haben die Ravens die Süddivision gewonnen. Was war der größte Faktor, um über die Saison hinweg so konstant zu bleiben?

Ich wünschte, ich könnte sagen, wir waren konstant. Es gab viele kleinere Dinge, an denen wir arbeiten mussten. Früh in der Saison ging es vor allem um Disziplin und Ausführung. Und selbst jetzt arbeiten wir noch daran, besser in die Spiele zu starten. Aber ich denke, letztlich war es der Glaube an uns selbst, die Kameradschaft, die Brüderlichkeit innerhalb des Teams.

Bei ihrem Amtsantritt sagten Sie, Sie wollen eine Gruppe aus bayrischen Brüdern formen. Wie steht es heute um die Teamchemie?

Ich spreche oft über Brüderlichkeit. Was ich den Jungs hier geben will, ist das, was American Football wirklich ausmacht. Es geht nicht darum, dass man zwei-, dreimal die Woche trainiert und dann nach Hause geht. Uns war es wichtig, dass wir uns als Team wirklich kennenlernen, einander verstehen – das Gute, das Schlechte, das Schwierige. Wir wollten herausfinden, welche Knöpfe wir drücken müssen, um jeden Einzelnen zu motivieren. Im zweiten Jahr ist die Kameradschaft, die Brüderlichkeit jetzt deutlich zu spüren.

Sie haben die Münchner ELF-Franchise zum ersten Playoff-Heimspiel der noch jungen Geschichte geführt. Was bedeutet Ihnen das?

Ich finde es großartig für die Organisation, wir sind ja erst im dritten Jahr. Auch für die Fans ist es etwas Besonderes. Das sind einige der leidenschaftlichsten und verrücktesten Fans, die ich in meiner Zeit in Europa gesehen habe. Ihnen ein Heimspiel in den Playoffs zu schenken, ist eine große Belohnung – und sie haben es verdient. Seit ich hier bin, sind wir zu Hause ungeschlagen – das zweite Jahr in Folge. Sie verdienen es, ein Heimspiel zu haben.

Sie haben vor ihrer Trainerlaufbahn als Linebacker gespielt. Wie beeinflusst das ihre Arbeit jetzt als Head Coach?

Linebacker sind wie die Quarterbacks der Defense – sie müssen alles sehen, alle auf dem Feld organisieren. Ich hatte großartige Mentoren in der High School und im College, die mir beigebracht haben, das Spiel auch als Coach zu sehen. Bei vielen Stationen in Europa war ich nicht nur Linebacker, sondern auch Defensive Coordinator. Ich habe also auf dem Feld gespielt und gleichzeitig die Spielzüge angesagt. Jetzt spiele ich nicht mehr und kann mich ganz auf das Denken konzentrieren.

Wie viel Zeit verbringen Sie mit Football?

Die einfachere Frage wäre: Wie viel Zeit verbringe ich nicht mit Football (lacht). Ich würde nicht sagen, dass ich besessen bin – aber ich habe Angst zu verlieren, also arbeite ich hart, um zu gewinnen. Football ist das Einzige in meinem Leben, das mir nie langweilig wurde. Ich hatte viele Jobs, aber Football ist mein Ding seit ich fünf Jahre alt bin.

Wie schaffen Sie es, das Team jetzt in den Playoffs fokussiert zu halten? Im Prinzip sind es nur noch zwei Siege zum Titel.

Unsere Niederlagen letztes Jahr haben uns auf den Moment jetzt vorbereitet. Damals hatten wir viele Stars verpflichtet, es gab viel Hype. Alle redeten vom Titel – aber wir waren nicht im Hier und Jetzt. Unser Fokus liegt komplett auf dem nächsten Spiel – auf diesem Teil der Reise. Und wenn wir das tun, wird alles gut.

Was wird gegen Stuttgart noch entscheidend sein?

Wenn wir uns unser einziges verlorenes Spiel dieses Jahr gegen Stuttgart anschauen – ganz ehrlich: Wir haben ihnen erstmal 17 Punkte geschenkt, bevor wir überhaupt angefangen haben zu spielen. Danach waren wir drin im Spiel, aber die Zeit lief uns davon. Stuttgart ist ein starkes Team, das Fehler gnadenlos ausnutzt. Wer die wenigsten Fehler macht, gewinnt.

INTERVIEW: MARKO ALEKSIC

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