Sportpsychologe Matthias Herzog. © Privat
Schreibt fleißig Autogramme: Sandro Wagner kommt bei den Fans gut an. © Krieger/Imago
Lautsprecher und energiegeladen: Sandro Wagner. © Hubbs/Imago
Sandro Wagner ist ein Mann der klaren Worte. Der neue Trainer des FC Augsburg macht aber nicht nur mit großen Sprüchen auf sich aufmerksam – sondern auch mit energiegeladenem Fußball, wie am vergangenen Wochenende beim 3:1 in Freiburg zu sehen war. Am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) trifft Wagner mit Augsburg auf seinen Ex-Club FC Bayern. „Wir werden auch da wieder einen raushauen“, tönte der frühere Stürmer. Eine ungewöhnlich offensive Aussage für den Underdog-Club. Für Wagner aber Usus, wie Sportpsychologe Matthias Herzog im Interview erklärt.
Herr Herzog, wie besonders ist das Duell gegen den FC Bayern für Wagner?
Für ihn ist das mehr als nur ein Bundesligaspiel. Er ist in München groß geworden, hat über 14 Jahre die Bayern-DNA aufgesogen – als Jugendspieler, als Profi, als Mensch. Jetzt darf er sich erstmals im direkten Duell als Trainer beweisen. Das ist emotional aufgeladen, ein innerer Kräftemoment. Es bietet ihm die Gelegenheit, zu zeigen, dass er als Trainer auf höchstem Niveau angekommen ist. Für ihn geht es nicht nur um drei Punkte – sondern darum, sich in Stellung zu bringen für mehr. Und das spürt man.
Wagner polarisiert mit knackigen Aussagen.
Wagner ist eine echte Type. Kein aalglatter Manager, sondern jemand mit Ecken, Kanten und Haltung. Er ist kein weichgespülter Taktierer, sondern einer, der sagt, was Sache ist. Spieler spüren das. Und Zuschauer auch. Diese Authentizität ist selten geworden. Gerade in einem Business, wo oft Floskeln regieren, tut so jemand einfach gut. Er ist kein Schauspieler, sondern meint, was er sagt. Das schafft Vertrauen, aber natürlich auch Reibung. Und Reibung erzeugt Energie. Entscheidend ist, dass er auf dieser Energie aufbaut und nicht daran verbrennt.
Wie sehen Sie seine Interview-Auftritte?
Das ist 100 Prozent Wagner. Er hat diese leicht überdrehte Art, die ihn aber auch so unverwechselbar macht. Viele empfinden das als zu laut, als Show. Aber: Das ist kein Marketing, das ist echt. Er lebt vor, was er von anderen fordert: Klarheit, Einsatz, Mut. Genau das brauchen viele Teams.
Kann sich seine Art abnutzen?
Er ist ein typischer „roter Menschentyp“ – zielorientiert, durchsetzungsstark, direkt. Typ Tarzan! Diese Ansprache wirkt gerade in Krisensituationen. Aber: Sie kann sich abnutzen, wenn sie zu einseitig wird. Entscheidend ist, dass Wagner auch Elemente der emotionalen Intelligenz entwickelt. Erste Schritte sieht man bereits. Wenn er sich noch darin weiterentwickelt, situativ unterschiedlich zu führen, hat er eine große Zukunft.
In seiner Karriere musste sich Wagner alles erarbeiten. Auch Rückschläge gehörten dazu. Ein Vorteil?
Er hat als Spieler erfahren, wie es ist, aussortiert zu werden. Denken wir an die Nicht-Nominierung für die WM 2018 durch Jogi Löw. Statt sich zu verkriechen, hat er Klartext gesprochen. Diese Erfahrung hat ihn abgehärtet. Er weiß, dass nicht immer alles glatt läuft. Und deshalb kann er mit Krisen besser umgehen als manch anderer.
Für den Trainerjob in Augsburg hat er seine Arbeit als Assistent von Bundestrainer Julian Nagelsmann aufgegeben.
Wagner ist extrem ehrgeizig. Mit ein Hauptgrund, warum er bereits jetzt als Cheftrainer ins Licht tritt, anstatt noch bis 2026 hinter Nagelsmann in der zweiten Reihe zu stehen. Immerhin hat er dafür die Chance aufgegeben, Weltmeister zu werden. Er will zeigen, dass er mehr ist als nur ein Lautsprecher oder TV-Experte. Und er weiß, dass sein Weg über harte Arbeit, moderne Methoden und nachhaltigen Erfolg führt. Sein Ehrgeiz ist ein Motor, kein Makel.
INTERVIEW: P. KESSLER