„Struffi“ erobert New York

von Redaktion

Routinier bezwingt auch Holger Rune und wird von den Fans gefeiert

Große Emotionen: Ostapenko (r.) und Townsend. © AFP

Der Unermüdliche: Nach der langen Qualifikation kämpfte sich Struff nun schon in Runde drei. Dort wartet nun der US-Amerikaner Francis Tiafoe. © Franklin/dpa

New York – Jan-Lennard Struff hielt inne und blickte sich grinsend um. Eine ganze Fan-Schar wartete auf den Überraschungsmann der US Open und forderte mit „Struffi, Struffi“-Chören dessen Aufmerksamkeit. „Das ist genial, was die hier abziehen“, sagte der so Gefeierte. Große blonde Deutsche haben spätestens seit Dirk Nowitzki in den USA einen allerbesten Ruf – und nun ist Struff mit seinen 35 Jahren auf einmal eine New Yorker Attraktion.

Innerhalb von 3:25 Stunden hat der stets freundliche Westfale, den ohnehin eigentlich jeder mag, ganz Flushing Meadows auf seine Seite geholt. „Das freut mich so sehr für ihn. Er ist ein so sympathischer Mann“, sagte Deutschlands Tennis-Idol Boris Becker bei sporteurope.tv nach Struffs 7:6 (7:5), 2:6, 6:3, 4:6, 7:5-Zweitrundencoup gegen den früheren Weltranglistenvierten Holger Rune.

Eben jene 3:25 Stunden lang kämpfte Struff leidenschaftlich, feuerte sich an, blieb immer positiv, seine Körpersprache war vorbildlich – und das imponierte dem oftmals rüden, aber doch mit feinen Antennen ausgestatteten New Yorker Publikum. „Gerade im fünften Satz ist die Stimmung genial gewesen, eine verrückte Atmosphäre“, sagte Struff, der nach einem „brutalen Kampf“ auch einigermaßen „brutal emotional“ unterwegs war.

Struff spielt nun gegen den US-Amerikaner Frances Tiafoe um den Einzug ins Achtelfinale, es wäre sein drittes bei einem Grand Slam nach Paris 2019 und 2021. „Super dankbar“ sei er, wie es in New York läuft. Durch die Qualifikation hatte sich die Nummer 144 der Welt, die vor zwei Jahren noch die Nummer 21 war, ins Hauptfeld mühen müssen. Und dort steht er jetzt unter den letzten 32, wie schon im Juli in Wimbledon. Eine Seuchensaison, in der Struff bei den ersten zehn Turnieren achtmal in der ersten und zweimal in der zweiten Runde ausschied, nimmt doch noch unerwartet Fahrt auf.

„Ich bin einfach glücklich“, sagte Struff, der sich dieses Glück aber auch verdient hat. Nie steckte er in diesem schwierigen Jahr auf, und auch gegen den früheren Becker-Schützling Rune, dieser Berg- und Talfahrt gegen die aktuelle Nummer elf der Welt, vertraute er auf seine Stärken: Mentale Ruhe und ein fast schon aus der Zeit gefallenes Serve-and-Volley-Spiel. 28 Asse schlug er gegen den Dänen, punktete bei 35 von bemerkenswerten 58 Netzangriffen.

„Ich wollte unbedingt aktiv und offensiv bleiben“, sagte Struff, diese Spielweise lieben die New Yorker ebenso wie den trockenen Humor des Warsteiners.

Er sei nun der älteste Deutsche, der bei einem Grand-Slam-Turnier einen Top-20-Spieler geschlagen habe, wurde Struff beim Platz-Interview mitgeteilt. „Wollen Sie etwa sagen, ich bin alt?“, lautete Struffs gespielt empörte Antwort. Und dann grinste er, der große blonde Deutsche.SID

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