Plötzlich unter Druck: Das 2:3 brachte die Augsburger Arena zum Kochen. Am Ende schwammen die Bayern. © IMAGO
Augsburg – Als der Schlusspfiff in der Augsburger Abenddämmerung endlich ertönte, schnappte sich Joshua Kimmich den Ball – und ließ seiner Erleichterung freien Lauf. Mit voller Wucht und vollem Spann drosch der 30-Jährige das Spielgerät in die Kurve der Bayern, die Botschaft war klar: Geschafft! Zwar war das 3:2 (2:0) im schwäbisch-oberbayrischen Derby der vierte Sieg im vierten Pflichtspiel der Saison, der Meister grüßt nach zwei Spieltagen von der Tabellenspitze. Und trotzdem gab es einen guten Grund, aus dem sich Kimmich und Co. in der WWK-Arena mehr freuten als über einen gewöhnlichen Bundesliga-Sieg: Mal wieder war es knapp. Man ist noch lange nicht auf dem Niveau, auf dem man sein möchte.
„Es ist nicht perfekt, das weiß ich“, gab auch Trainer Vincent Kompany zu – die großen Problemstellen, mit denen der Rekordmeister sich in die erste Länderspielpause der Saison verabschiedete, sind offensichtlich. Wer vorne diverse Großchancen nicht macht und nach einer weitestgehend souveränen Vorstellung mit Toren von Serge Gnabry (28.), Luis Diaz (45.+4) und Michael Olise (48.) „nur“ mit 3:0 führt, darf sich hinten nicht gleich mehrere Aussetzer leisten. Die Gegentore, mit denen Kristijan Jakic (53.) und Mert Kömür (76.) das Spiel nochmal spannend machten und die Augsburger Arena zum Kochen brachten, „nerven extrem“, gab Manuel Neuer zu. Und vorne „haben wir zu viel liegen lassen. Gegen Wiesbaden – und jetzt wieder.“
Unter der Woche im Pokal war Wehen sogar der Ausgleich gelungen, im Schwabenland nun schwammen die Bayern erneut. Während Sportvorstand Max Eberl den „sehr guten Charakter der Mannschaft“ lobte, führte Kompany etwas deutlicher aus. Zwei Gegentore „sind zu viel“, sagte der Belgier, außerdem sei die Chancenverwertung ein Thema, „an dem wir dringend arbeiten müssen“. Unisono aber waren die sportlich Verantwortlichen darum bemüht, die unbeständigen Leistungen in den Gesamtzusammenhang zu stellen. „Wir kommen in diese Saison ohne Vorbereitung und sehr wenig Urlaub“, sagte Kompany, Eberl richtete den Blick zudem auf die Dünne des Kaders. In der Offensive, sagte der 51-Jährige, „können wir kaum reagieren“. Und wenn die Jungs da vorne „mehr oder weniger durchspielen müssen“, komme es eben zu Konzentrationsfehlern.
Die Lösung kann nicht nur auf dem Transfermarkt liegen (siehe Text Seite 21), sie muss auch auf dem Platz gefunden werden. Denn auch wenn Neuer sagte, „nach zwei Spielen mit neun Toren da zu stehen, ist nicht so schlecht“, bedarf es für das straffe Wiesn-Programm mehr Konstanz. Sechs Partien – unter anderem gegen Club-WM-Sieger Chelsea (17. September) und Verfolger Frankfurt stehen bis Anfang Oktober an, Ausreden gelten in der ersten heißen Phase der Saison nicht mehr. Nach einer freien Woche für die Nicht-Nationalspieler muss daher hart gearbeitet werden. Denn aktuell sind die Bayern auf einem Level, zu dem FCA-Trainer Sandro Wagner forsch sagte: „Ich sehe nicht, dass wir weniger Qualität haben als Bayern, auf keiner Position im ganzen Verein.“HANNA RAIF, MANUEL BONKE