„Ich konnte gar nicht attackieren“: Novak Djokovic (r.) spielte so gut wie fehlerfrei. © Rojas/Imago
„Es waren unglaubliche zwei Wochen für mich“: Struff ist zurück in den Top 100 der Weltrangliste. © Rojas/Imago
„Einfach inspirierend“: 1:49 Stunden brauchte Novak Djokovic bis zu seinem zweiten Matchball. © Corinne/Imago
New York – Jan-Lennard Struff gratulierte artig dem unersättlichen Novak Djokovic, dann verabschiedete er sich aus dem mächtigen Arthur Ashe Stadium – ein wenig bedröppelt, aber doch stolz auf seine wilde Reise. „Er hat mich leider zerpflückt“, sagte der Warsteiner nach seinem Achtelfinal-Aus bei den US Open, „aber es waren unglaubliche zwei Wochen für mich.“
Die angepeilte Sensation gegen den Grand-Slam-Rekordsieger hatte der deutsche Fanliebling zuvor klar verpasst – beim 3:6, 3:6, 2:6 ließ ein gut aufgelegter Djokovic Struff in weniger als zwei Stunden Spielzeit nicht den Hauch einer Chance. „Er hat wenige Fehler gemacht, und ich konnte gar nicht attackieren“, sagte Struff: „Ich habe immer wieder versucht, zurückzukommen, aber es war echt tough, er hat mir keine Chance gelassen.“
Auch wenn nach dem frühen Scheitern von Alexander Zverev damit auch der letzte verbliebene deutsche Tennisprofi beim Turnier in New York ausgeschieden ist, so richtig ärgern konnte sich Struff nicht. Schließlich blickt er auf einen echten Erfolgslauf zurück.
US Open voller Erfolg für Jan-Lennard Struff
Nicht nur wegen der zwei emotionalen Überraschungssiege gegen Holger Rune und Frances Tiafoe; nicht nur wegen der 400 000 US-Dollar Preisgeld – nein: Auch weil Struff sich zurück in die Top 100 der nächsten Weltrangliste katapultiert hat. Und somit den ungeliebten Qualifikationsmatches wieder häufiger aus dem Weg gehen kann.
Dass es in New York gleich so gut klappen würde, damit habe er selbst nicht gerechnet, gestand der 35-Jährige: „Ich habe hart gearbeitet und mich irgendwie mal belohnt in diesem schwierigen Jahr.“
Für das deutsche Tennis ist Struffs Formanstieg eine gute Nachricht. Am 12. und 13. September kämpft die Davis-Cup-Mannschaft in Japan um den Einzug in die Finalrunde – und der Routinier ist seit Jahren der unangefochtene Leader des Teams. „Das wird eine brutale Partie“, kündigte er vor der Abreise gen Asien an.
Zuvor hatten eine Kombination aus einer ungewohnten Aufschlag-Schwäche Struffs und die erste restlos überzeugende Turnier-Leistung von Djokovic zu der einseitigen Partie geführt. Auch Edelmaskottchen Mats Hummels, das Struff in der Box anfeuerte, konnte die krachende Niederlage nicht verhindern. Es sei etwas „speziell gewesen“, im größten Tennisstadion der Welt anzutreten, er habe sich „unruhig“ gefühlt, erklärte der bekennende BVB-Fan Struff.
Und dann war da ja auch noch der Gegner, dessen Leistungsfähigkeit „einfach inspirierend“ sei, wie Struff feststellte. Djokovic selbst war mit seiner Performance auch „sehr zufrieden“. Nur 1:49 Stunden musste der Serbe bis zum Verwandeln seines zweiten Matchballs arbeiten – energieeffizient im hohen Tennisalter von 38 Jahren.
Auf seiner zunehmend verzweifelten Jagd nach dem 25. Grand-Slam-Titel scheint der Unersättliche rechtzeitig in Fahrt zu kommen. Nach einem holprigen Start in New York wirkt er nun wieder wie ein ernstzunehmender Gegner für Jannik Sinner und Carlos Alcaraz. In die Viertelfinal-Partie gegen den Vorjahresfinalisten Taylor Fritz aus den USA geht Djokovic nach dem fast fehlerfreien Auftritt gegen Struff jedenfalls als Favorit.