Schmach von Tirana: Die Deutschen (hier mit Hannes Löhr) torlos gegen Albanien. EM 1968 verpasst.
Die deutlichste Quali-Niederlage: 1:5 im Jahr 2000 in München gegen die Engländer. © Imago
Mit einem Traumtor Italien 1990 klargemacht: Thomas Häßler und das 2:1 gegen Wales. © imago
Per Kopf Albaniens Abwehr geknackt: Gerd Strack 1983 mit dem befreienden 2:1. © Imago
Bratislava – Viermal wurde Deutschland Welt-, dreimal Europameister. Das bedeutet, dass deutsche Nationalmannschaften sich sehr verlässlich für die großen Turniere qualifiziert haben. Und so ist es: In den 50er-Jahren wurde das Land wieder aufgenommen in die internationale Sportgemeinschaft, die WM 1954 (die bekanntlich sehr, sehr gut endete – mit dem Titel) war die erste Veranstaltung, für die man sich qualifizieren musste. Es ist eine beliebte Quizfrage, wer der Quali-Gegner des Teams von Sepp Herberger war: das Saarland, trainiert von Herbergers späterem Nachfolger beim DFB, von Helmut Schön. Für die ersten EMs (1960, 64) interessierte man sich nicht, Herberger boykottierte kontinentale Titelkämpfe. 1968 wollte der DFB erstmals dabei sein – und vergeigte es: 0:0 gegen Albanien am 17. Dezember 1967, die „Schmach von Tirana“. Doch sonst: Qualifikationen – eine beispiellose deutsche Erfolgsgeschichte.
Einige Male war es knapp
Trotzdem: Einige Male war es knapp. Doch in den Momenten des Bangens wurden Heldengeschichten geschrieben. Wie die von Gerd Strack im November 1983. Nach einer Panne (0:1 gegen Nordirland in Hamburg) musste vier Tage später gegen Albanien ein Sieg her. In Saarbrücken gerieten die Deutschen in Rückstand, Karl-Heinz Rummenigge glich aus. Das befreiende Tor ereignete sich erst in der 79. Minute: Abwehrspieler Gerd Strack, mit dem Lockenkopf zum 2:1. Qualifiziert.
Auch der Weg übern Brenner nach Italien, wo Deutschland 1990 Weltmeister wurde, war steinig. Letztes Gruppenspiel in Köln. Der Gegner: Wales. Ausgangslage: Sieg erforderlich. Wieder kam es zu einem Rückstand und zum Nervenflattern, Rudi Völler machte das 1:1, Thomas Häßler das 2:1. Ein Verdienst, der Häßler einen Platz im WM-Finale 1990 sicherte. Teamchef Franz Beckenbauer entschied sich gegen den im Halbfinale starken Olaf Thon, „weil Häßler uns zur WM geschossen hat“.
Dramatisch wurde es im Jahr 2001. Der deutsche Fußball durchlebte eine schwere Krise. 1:5 ging im Herbst 2000 ein WM-Qualifikationsspiel im Münchner Olympiastadion gegen England verloren. Der Vater von Teamchef Rudi Völler erlitt im Publikum eine Herzattacke, auch das noch. Die krachende Niederlage hing der DFB-Truppe nach, sie verpasste die direkte Qualifikation für die WM 2002 und musste in zwei Playoff-Spiele gegen die Ukraine. Die DFB-Hauptsponsoren Adidas und Mercedes bereiteten bereits Krisenszenarien vor, falls das Undenkbare geschähe. Doch es ging gut: 1:1 in Kiew, 4:1 mit einem überragenden jungen Michael Ballack im Rückspiel in Dortmund , das seitdem das Wohnzimmer der Nationalmannschaft ist. Wenn man gewinnen muss, vergibt man ein Spiel nach Dortmund.
Nach dem 1:5 gegen England passierte lange nur Gutes in den Qualifikationen. Bis 2021 in Duisburg, in der Endphase der Trainerära Joachim Löw, der Mannschaft eine 1:2-Peinlichkeit gegen Nordmazedonien um den Fast-Ruheständler Goran Pandev unterlief. Hansi Flick, der Löw ein paar Monate später ablöste, brachte die Qualifikation aber ohne Ruckelei zu Ende, Deutschland war sogar das erste Land, das sich einen Platz im WM-2022-Feld erspielte.
In den Qualifikationen traten die in Freundschaftsspielen oft lässigen Deutschen stets konzentriert auf. Allerdings wurden die Gegner immer leichtgewichtiger. Die EM wuchs auf 16, später 24 Teilnehmer an, das WM-Feld von 16 auf 32, und nächstes Jahr werden es 48 Nationen sein – man trifft auf dem Weg dorthin auf zweit- bis viertklassige Gegner. Man kommt rum: Moldau, Färöer, Island, Liechtenstein. Litauen, Aserbaidschan, Georgien, Zypern, San Marino. Kleinster Gegner war Gibraltar. Auch ein unvergessener Moment: Jogi Löw feilte sich während des 7:0 gewonnenen EM-Qualifikationsspiels 2015, das im portugiesischen Faro ausgetragen wurde, einen eingerissenen Fingernagel.GÜNTER KLEIN