Der Kapitän, der keine Führungsfigur war: Joshua Kimmich ging mit unter. © dpa/Christian Charisius
Der Einschlag, der in der Luft lag: In der 42. Minute konnte Oliver Baumann die Slowaken nicht mehr aufhalten. Antonio Rüdiger sah zu, wie das 0:1 fiel. © dpa/Christian Charisius
Bratislava – Was Julian Nagelsmann gefordert hatte: Dominantes Auftreten, ein Spiel, das keinen Zweifel lässt, einen klaren Sieg,
Was Julian Nagelsmann bekam: Fahriges Auftreten, ein Spiel, das Zweifel an der WM-Mission nährte – und eine krachende Niederlage: 0:2 (0:1) im ersten WM-2026-Qualifikationsspiel. Noch nie hatte eine deutsche Nationalmannschaft in diesem Format auswärts verloren. Historisch. Wie konnte es dazu kommen?
Hinten mit Dreier- oder Viererkette – das war die große Frage über der Partie, mit der der Bundestrainer den Einspielprozess für die WM einläutete. „Beides“, hatte er am Tag zuvor geantwortet, es werde Spielphasen für jede Grundformation geben. Überraschend war, dass Sechser Joshua Kimmich in der Anfangsphase immer wieder zwischen den Innenverteidigern Tah und Rüdiger auftauchte, teilweise als letzter Mann agierte. Als wolle er die Zentrale mit den typähnlichen Stiller und Goretzka meiden. Leon Goretzka sollte etwas offensiver agieren für „einen möglichen Überraschungsmoment“.
Doch egal, wie man das deutsche Defensivgebilde nannte: Es war nicht stabil. Die Slowaken brachten es mit zwei Methoden ins Wanken. Die erste waren Anfälle aggressiven Anlaufens, was dazu führte, dass einmal Jonathan Tah einen hohen Ball in die Mitte des eigenen Strafraums schlug. Das andere Mittel des Gastgebers: Nach Ballgewinnen im Mittelfeld kontern, was sie bevorzugt über ihren Youngster Leo Sauer (19) von Feyenoord Rotterdam taten. Die DFB-Elf benötigte einen gut reagierenden Torhüter Oliver Baumann. Bis auch der nichts mehr ausrichten konnte. In der 42. Minute führte einer der slowakischen Umschaltmomente zum 1:0 durch Außenverteidiger David Hancko. Triumphierend leuchtete ein „Góóóól“ von den Anzeigetafeln im kleinen Stadion von Bratislava, mitten im Wohngebiet gelegen. Das Heim-Publikum erhob sich zum Halbzeitpfiff zur Ovation von den Plätzen.
Nagelsmanns Mannschaft zeigte wenig Gutes im ersten Durchgang. Ein Schuss von Mittelstädt, ein Schüsschen von Kimmich, ein Kopfball von Rüdiger, ein kleines Solo von Wirtz. Aber es war keineswegs so, dass ein deutsches Tor in der spätsommerlichen Luft der slowakischen Hauptstadt gelegen hätte.
Folgte Besserung? Nein, es folgte das 2:0 für die Slowakei. Ein Traumtor von David Strelec in den Winkel (55.), aber erneut ein strukturelles und auch individuelles (Rüdiger) Versagen. Natürlich versuchten die Deutschen, alles nach vorne zu werfen und Offensive zu kreieren – aber die Slowaken spürten, dass das ihr Tag war. Sie fanden die Mischung aus Leidenschaft und Kalkül, um das 2:0 über die Zeit zu bringen. Von den Rängen hallte der DFB-Vertretung ein hämisches „Auf Wiedersehen“ in den Ohren.
Einen Offensivjoker hatte Julian Nagelsmann am Donnerstagabend nicht. Niclas Füllkrug saß zwar auf der Bank, war aber wegen malader Wade nicht einsatzfähig. Fürs Heimspiel gegen Nordirland am Sonntag kommt Maximilian Beier zum Team.GÜNTER KLEIN