Sucht nach Antworten: Bundestrainer Nagelsmann. © dpa
Die Defensive ist aktuell noch viel zu wackelig. Torwart Baumann verhinderte noch mehr Gegentreffer. © Memmler/Imago
Die DFB-Elf war nach der Blamage in Bratislava bedient. Für die Partie gegen Nordirland braucht es nun ein anderes Gesicht. © Koch/Imago
Bratislava – Das Interview, das Julian Nagelsmann in der ARD gegeben hatte, schlug schnell Wellen, im Stadion von Bratislava wurden die knackigen Zitate des Bundestrainers („Vielleicht müssen wir weniger auf Qualität setzen, sondern auf Spieler, die alles reinwerfen“) herumgereicht wie große Sätze, die einmal den Lauf der Welt veränderten. Es wurde jedoch auch zügig klar, dass Nagelsmann keine neuerliche Revolution wie beim Übergang von 2023 ins EM-Jahr ausrufen wird. Er musste seine Empörung über den Auftritt bei der 0:2-Niederlage gegen die Slowakei loswerden mit diesem ersten Statement. Anschließend in der Kabine richtete er das Wort auch an die Mannschaft, für diese sprach danach Antonio Rüdiger, was als Signal gewertet werden konnte, dass die Spieler ihren Teil der Verantwortung für den misslungenen Start in die WM-2026-Qualifikation annahmen.
„Die Mannschaft ist zurecht kritisiert worden. Ich war bei den Gesprächen dabei. Der Trainer hat die richtigen Worte gefunden, Rudi Völler auch, aber auch die Mannschaft war selbstkritisch. Das hat mir gefallen“, sagte DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig am Freitag am Rande des U21-Länderspiels in Albanien bei ProSieben MAXX. Die Pleite habe aber „bei uns wirklich Spuren hinterlassen“.
Was Nagelsmann schon erkannte: Er wird keinen personellen Kahlschlag vollführen können. Ohnehin nicht für die zweite Quali-Partie am Sonntag (20.45 Uhr, RTL) in Köln gegen Nordirland – und auch grundsätzlich nicht. Klar, irgendwann stehen die jetzt verletzten Akteure wie Musiala, Havertz, Nico Schlotterbeck wieder zur Verfügung, doch im Wesentlichen muss der bekannte Personalbestand sich erst der Aufgabe WM-Qualifikation und, so diese gelingt, dem Titelgewinn („Das Ziel zu ändern wäre unglaubwürdig“) widmen. „Ich habe Vertrauen in die Mannschaft, sonst würde ich sie nicht einladen“, erklärte der Bundestrainer. Aber? Er fordert verstärkte Emotionalität ein. „Ich glaube auch, dass jeder Spieler, der dabei ist, das rauskitzeln kann. Aber das kann nicht durch einen Externen geschehen, das muss von jedem Einzelnen kommen.“
Großartige Korrekturmöglichkeiten gibt der Kader nicht her. Die Startelf vom Donnerstag sei „die logische Konsequenz daraus gewesen“, so Maxi Mittelstädt. Nagelsmann wird ein bisschen umstellen, doch keine großen Taktikreden schwingen. Es geht diesmal um die Haltung. Um Emotion. Der Trainer will das eigentlich „nicht immer predigen“. Aber die Ausgangslage erfordert es: „Wir sind nach wie vor ein großer Name, ob aktuell berechtigt oder nicht. Für die Slowakei war es etwas Besonderes, gegen uns zu spielen.“ Für die Nordiren wird das genauso sein. „Wir müssen das Besondere aber auch ausstrahlen“, fordert Nagelsmann eine Einstellung „wie in einem Champions-League-Halbfinale“.
Bei der EM stimmte das „Mindset“, das Team fühlte sich „den Basics“ (Torhüter Oliver Baumann) verpflichtet. Doch was im Sommer 2024 war, droht verloren zu gehen. 2025 brachte einen schönen Sieg in Italien, ein Rückspiel, in dem ein 3:0 aus der Hand gegeben wurde, zwei Niederlagen im Final Four der Nations League und nun den Qualifikations-Fehlstart. Nagelsmann: „Bei der EM hatten die Zuschauer Bock auf uns, das ist weniger geworden.“ Joshua Kimmich fordert: „Wir sollten weiter den Glauben in diese Mannschaft haben.“ Und noch einmal Oliver Baumann: „Wir dürfen uns nicht zerfleischen.“GÜNTER KLEIN