Kampf um jeden Ball: Neuzugang Marvin Rittmüller fügte sich als Einwechselspieler mentalitätsstark ein. © Sampics / S. Matzke
München – Da war er wieder, der personifizierte Pokalschreck. Im Illertissener Vöhlinstadion lief die 76. Spielminute, 1860 führte 2:0, doch Daniel Hausmann verkürzte für die Hausherren. Erinnerungen wurden wach. Hausmann hatte jüngst Zweitligist Nürnberg mit zwei Vorlagen geschockt. Am Ende zog der FVI übers Elfmeterschießen in die 2. Runde des DFB-Pokals ein. Und am Samstag? Richtig spannend wurde es nicht mehr. 1860 straffte sich wieder, sorgte vom Punkt für den 1:3-Endstand und steht im Viertelfinale des Totopokals. „Wichtig war nur, dass wir weiterkommen“, betonte Trainer Patrick Glöckner: „An Nürnberg haben wir gesehen, wie stark Illertissen eigentlich ist. Unter dem Strich bin ich mit der Leistung zufrieden.“
Anders als beim Pokal-Aus 2022 (unter Michael Köllner) hatte Glöckner in Illertissen eine A-Mannschaft ins Rennen geschickt. Hinten Stammkeeper Dähne, Kapitän Verlaat für DFB-Debütant Dulic rechts in der Dreierkette – und im Angriff Volland als Zulieferer des Torjäger-Duos Hobsch/Haugen. Der Respekt vor Illertissen war groß – nicht wegen der Form des Regionalliga-Elften, sondern weil keiner Totopokal so gut kann wie der FVI. Drei Titelgewinne in den vergangenen vier Jahren. Sieben Drittligisten mussten im Vöhlinstadion bereits ihre Pokalträume begraben, Zweitligist Nürnberg als aktuellstes Opfer.
Was macht man da als Trainer? Warnungen vor Underdogs verlassen Fußballerohren genauso schnell, wie sie ausgesprochen wurden. Glöckner jedoch gehörte zu den 7,5 Millionen Deutschen, die sich am Donnerstag über die DFB-Pleite gegen die Slowakei (0:2) gewundert haben. Hinterher ließ Julian Nagelsmann ordentlich Dampf ab. Tenor des Bundestrainers: Qualität alleine reicht nicht – entscheidend sei die „Emotionalität“. Musik in Glöckners Ohren. „Ich habe Julians Ansprache bei der Matchplan-Analyse benutzt“, verriet der 1860-Coach auf Nachfrage unserer Zeitung: „Das war ein super Statement von Julian, denn ich sage: Wenn Topstars so etwas zu hören bekommen, dann ist es auch keine Schande, wenn wir diesen kämpferischen Ansatz wählen.“
Entsprechend fielen die Tore – mit Siemen Voet als dreimaligem Vorbereiter. Beim 0:1 köpfte er einen Eckball an den Pfosten (18.), Max Reinthaler staubte ab (und musste später verletzt raus). Vor dem 0:2 war es Kevin Volland, der einen von Voet abgefangenen Ball in den Lauf von David Philipp spielte (65.). Das 1:3 schließlich – nach Hausmanns Anschluss: Voet wurde umgerissen – Thore Jacobsen vollstreckte den Elfmeter nordisch-kühl (88.).
Am Ende war‘s eine klare Sache. 1860 schlug den FVI mit dessen eigenen Waffen. Weiter geht’s am Sonntag gegen Havelse (19.30 Uhr) – das nächste gefühlte Pokalspiel, Auftakt der ersten Englischen Woche. Glöckner: „Im Fußball gibt‘s keine einfachen Aufgaben mehr. Das war vor zig Jahren mal so, dass du Spiele einfach runterspielst. Du musst jede Aufgabe zu 100 Prozent seriös angehen. Heute haben wir wieder eine Herausforderung gestemmt – und ein Pokalgespenst vertrieben.“ ULI KELLNER