Talente im Blick: Hoeneß und Kompany. © IMAGO
Nicht zu stoppen: Um Lennart Karl zu sehen, fuhr Uli Hoeneß zuletzt sogar bis nach Zürich. Das Fazit des Ehrenpräsidenten: „Ein super Spieler!“ © Schmidt/IMAGO
München – In der Jubiläumssendung 30 Jahre „Doppelpass“ bei Sport1 plauderte Uli Hoeneß aus dem Nähkästchen. Auch was das Thema Nachwuchsförderung beim FC Bayern betrifft. „Es ist schwierig, wenn man FC Bayern heißt“, meinte der Ehrenpräsident. Doch Trainer Vincent Kompany „hat uns zugesagt, dass er im Laufe der Saison den einen oder anderen einbauen wird“.
Vor allem Offensiv-Juwel Lennart Karl hat es Hoeneß angetan. „Ein super Spieler. Ich habe den kürzlich in Zürich gesehen“, verriet der FCB-Patron und meinte damit das Testspiel gegen Grasshoppers (2:1) am 12. August, bei dem Karl einen Treffer erzielt und den zweiten vorbereitet hat. „Da bin ich extra mitgeflogen, um den mal 90 Minuten zu sehen. 17 Jahre!“
Beim FC Bayern findet ein Philosophie-Wechsel statt. In seiner Premierensaison, die zum Gewinn der Meisterschaft führte, setzte Kompany fast ausschließlich auf Erfahrung – aus Gründen: Nach der titellosen Spielzeit unter Vorgänger Thomas Tuchel gab es kaum Interessenten für die Verkaufskandidaten. So wurde jedem Spieler die Chance gegeben, sich in der neuen spektakuläreren Spielweise zu beweisen. Erst danach folgte der Cut. Das Motto nun: Mehr Mut zur Jugend.
„Wir wollen eigene Spieler bei uns nicht nur ausbilden und dann abgeben, sondern wir wollen vor allem, und deswegen haben wir den Campus, eigene Spieler zu uns in die erste Mannschaft bringen. Das gelingt aber eben leider nicht so oft, wie wir uns das wünschen würden“, sagte Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen vor Kurzem. Die Vereinsführung hat erkannt, dass es in der Vergangenheit Übergangsprobleme zwischen Campus und Profiabteilung gab. Dies wird seit der Einstellung von Christoph Freund aktiv bekämpft.
Dennoch hat aus der Gruppe der jungen Spieler, die in der vergangenen Saison mit den Stars trainieren durfte, niemand den Durchbruch geschafft. Als ein Grund dafür wurde die Struktur des Kaders ausgemacht. Jede Position war doppelt mit erfahrenen Spielern besetzt. In der aktuellen Spielzeit wird es – auch aus finanziellen Gründen – klarere Stammspieler in einem kleineren Kader geben. Die jungen Spieler füllen die Lücken und werden daher mehr Spielzeit erhalten. Dieser Plan wird von Kompany unterstützt, der während seiner Zeit bei Anderlecht und Burnley den Ruf des Talente-Förderers hatte.
Auffällig: Kein Stammspieler der U23 hat Kompany bisher beeindruckt. Das ist auch der bayerischen Chefetage nicht entgangen. Wie unsere Zeitung erfuhr, wird nicht nur der Nicht-Aufstieg in der Vorsaison in der unterdurchschnittlichen Regionalliga kritisch gesehen. Auch der Spielstil, den der Verein für seine Zukunft gewählt hat, wurde nicht umgesetzt. Hohes Pressing und geduldiges Ballbesitzspiel lässt die U23 vermissen, wie man bei den Partien beobachten kann.
Bezeichnend dafür ist, dass die Gruppe von Talenten, die regelmäßig mit der ersten Mannschaft trainiert, zur Club-WM gereist ist und zuletzt in der Saisonvorbereitung beeindruckt hat – mit Ausnahme von Stürmer Jonah Kusi-Asare, der im Transferfinish an Fulham verliehen wurde, noch nie zuvor mit den Amateuren gespielt oder trainiert hat. Ihr Aufstieg zu den Profis erfolgte aus der U19 und U17, die es mit einer profiähnliche Spielweise ins Liga-Halbfinale geschafft haben. Unter anderem Sportdirektor Freund und die jeweiligen Nachwuchstrainer Patrick Kaniuth sowie Peter Gaydarov haben Kompany die Talente empfohlen.
Am Campus wurde dieser eingschlagene Bubi-Trend anfangs kritisiert. Tenor: Ältere Talente wurden zugunsten jüngerer übergangen. Inzwischen hat sich die Stimmung gebessert, da die Juwele um Karl ihre Chancen besser genutzt haben als ihre Vorgänger.
Interessant: Warum die U17- und U19-Spieler nicht schon früher für die U23 vorgesehen waren, soll an einer vermeintlich mangelnden Physis für die Regionalliga Bayern gelegen haben. Nun sorgen Karl & Co. für Freude. Auch bei Hoeneß.P. KESSLER, M. BONKE, H. RAIF